09.05.2018

Wire Spine ‎– Bury Me Here


Genre: Darkwave, EBM, Electropunk, New Wave, Synthie Pop
Release: 2018

Das ferne Kanada ist nicht erst seit gestern bekannt Ursprungsstädte ausgefallener Musikprojekte mit Fokus auf analoger Klangsynthese zu sein. Was mit den Prototypen-Bands Skinny Puppy & Front Line Assembly begann sorgte für eine regelrechte Welle großartiger Künstler, die ihren Stil in diese Richtung weitersponnen. Umso schöner zu sehen ist auch, dass es allen Anschein selbst noch im 21. Jahrhundert Nachwuchs zu geben scheint. Die beiden Katerwol-Brüder regten bereits mit ihrem Hauptprojekt Weird Candle Aufmerksamkeit an. Einer von beiden, Robert, arbeitet nun auch mit Jesi Tekahionwake an dem zweiten Projekt Wire Spine mit denen jüngst vor zwei Jahren eine Debut-LP veröffentlicht wurde. Album Nummer zwei folgt sogleich und nennt sich Bury Me Here. Dieses ist beim renomierten Label Negative Gain Productions erschienen und liefert fünfzehn neue Tracks in verträumter Cover-Optik. Also Platte an und Lauscher auf!

Mit einer rauhen Geräuschkulisse und verschrobenen Sample-Vocals beginnt der erste Titel "Soylent". Dumpfe Drum-Beats und ebenfalls rauhe Wave-Leads führen diesen weiter. Mit 1980er Electropunk-Charme setzen die Delay-behafteten weiblichen Vocals von Jesi nach, so dass man schnell das Gefühl bekommt einen Track aus der früheren New Wave-Ära im Gehörgang zu vernehmen. Musikalisch nicht wirklich harmonisch, jedoch charmant.
Ambiente Drone-Klänge erfüllen daraufhin den kurzen Filler-Track "Between The Sleep". 
Dieser ebnet den Weg zum nächsten eigentlichen Song Namens "Burn You". Dieser wiederum offenbart direkt zu Beginn eine bedrohlich und angenehm klingende EBM-Bassline in Kombination mit straighter Drum-Rhythmik und angenehmen Gesangseinlagen. Künstlerisch sehr wertvoll und gut zusammengesetztes Genre-Crossover!
Der nächste kurze Filler-Track nennt sich "Waiting Switches" und stellt eher eine rauhe Noise-Einlage dar, die mit einigen störenden Frequenzen behaftet ist. Experimentelle Spielerei also.  
"Tears" wiederum knüpft an die analoge Oldschool-Atmosphäre an und liefert gekonnt inszenierte klangliche Passagen aus verträumten Lead-Klängen, analogen Bass-Sequenzen und melancholischen Gesängen. Auch dieser straighte Track lässt nicht glauben, dass es sich bei diesem Projekt um eines aus dem Jahre 2018 handelt und beweist ein Feingefühl für den guten alten Vintage Sound den bereits auch High-Functioning Flesh wieder aufleben haben lassen. Coole Sache!
Der nächste Filler folgt mit "Under The Knife" und wirkt auf Horror-artige Weise noch verstörender.
Überraschend spaßig wiederum klingt daraufhin "Silent Signals". Was zunächst mit einer verspielten Sequenz und Glockenklängen beginnt beweist später gekonnten Einsatz rotzigen New Wave/Electropunk-Elemente in ihrer Reinstform. So muss das, das macht Spaß!
Die Hälfte des Albums ist mit dem nächsten Drone-Filler "Feline Toxoplasmosis" bereits erreicht.
Nach Abschluß dessen geht "Naomi" abermals einen anderen und deutlich experimentelleren Weg und schwurbelt unterschiedliche Bass-Sequenz-Einlagen hin und her, während die Drums mit etwas Verzug einsetzen und die rauhen Vocals stark Delay-behaftet in Erscheinung treten. Auf Grund der Disharmonien eine etwas unruhige Nummer, jedoch ebenfalls künstlerisch gut in Szene gesetzt.
Ohne Filler geht es diesmal analog reinlich weiter mit "Between Two Worlds" und experimentellen Synthie-Leads sowie sich weit öffnenden Pads. Ein recht atmosphärischer Track mit wenig Gesangs- und Beat-Anteilen, welcher zunehmend düsterer wird und eine angenehme Tonalität aufweist.
"Suburban Reality" klingt wieder zunehmend "klassischer". Eine straighte Bassline, ein klarer Beat und deutliche, erzählerische Gesänge prägen diesen schönen Song von Anfang bis Ende.
Etwas technoid klingen daraufhin die Elemente von "Hidden District". Dieser ziemlich schräge Klangbrei beinhaltet eine deutliche Schärfe und spielt mit Filterung im höherfrequenten Bereich.
Bei "Hellraiser" handelt es sich nicht etwa um ein Suicide Commando-Cover sondern um einen Synthie Pop/New Wave Track der härteren Gangart. Die Leadmelodie erinnert etwas an Depeche Mode, während die Drum-Elemente und die weiblichen Vocals jedoch sehr rauh und direkt in Ercheinung treten. Experimentell, künstlerisch und ideenreich umgesetzt, wenn auch nicht ganz sauber in der Endproduktion verarbeitet.
Daraufhin folgt mit "Birth of a Roach" auch der letzte Drone-artige Filler-Track des Albums.
Dieser mündet zum eigentlich letzten Song Namens "Sacrifice" welcher zunächst eine rauhe harte Bassline, hochtönige Signalanteile und ein Hau-Drauf-Drumset liefert. Das Ganze wird im weiteren Verlauf und mit Eisnatz atmosphärischer Pads und schöner Gesangs-Einlagen zunehmend harmonischer und gestaltet sich als ein grobgeschliffenes Ende eines interessanten Albums.

Fazit:
"Hauptsache Oldschool!" - so scheint es lautet das Motto dieses Wire Spine-Albums. Ein wirklich Genre-reiches und gelungenes Gesamtkunswerk, welches sämtliche Stile und Eigenartigen beinhaltet die in der glorreichen Synthie-Zeit der 1980er Jahre Gang und Gäbe waren. Darüber hinaus beweisen die Protagonisten, dass sie ein Händchen für diese alten, analogen Maschinen besitzen und schaffen es gekonnt durch experimentelle Einlagen eine selbstbewusste Atmosphäre zu erzeugen. Ein Manko wäre dennoch, dass vor Allem das Experimentelle auf Bury Me Here und die ständigen Filler-Tracks oftmals ein wenig zu viel des Guten sind und ein harmonischer Feinschliff dem Ganzen wahrscheinlich noch zu Gute gekommen wäre. Dennoch ein künstlerisch sehr wertvolles Album, welches ein hohes Maß an Potenzial dieses Projekts wiederspiegelt.

Lieblingstrack: Burn You

Bewertung: 8/10

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