02.07.2019

Colony Collapse Disorder ‎– Varroa Destructor


Genre: Dark Electro, Glitch, Industrial, IDM
Release: 2019

Es gibt Musiker bei denen weiß man bereits im Voraus, wenn diese mal Hand anlegen wird es sich um eine gute Veröffentlichung handeln. Einer dieser Künstler heißt Philipp Münch und ist ein unermüdlicher Klangfetischist welcher bereits seit knapp dreißig Jahren mit unzähligen Projekten, Veröffentlichungen und Solo-Werken begeistern kann. Zu diesen zählen ohne Zwiefel Synapscape & The Rorschach Garden. Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Menge kleinerer Projekte, an denen er in Kooperation mit einer Vielzahl weiterer Künstler arbeitet. Das Projekt Colony Collapse Disorder ist eines davon und entstand Anfang des Jahrzehnts in Zusammenarbeit mit Brien Hindman. Mit First Steps erschufen die beiden Protagonisten ein Debut-Album, welches sich hören und sehen lassen konnte. Acht Jahre später, zum Ende des Jahrzehnts hin, erschien kürzlich das zweite Studio-Album mit dem kreativen Titel Varroa Destructor.  Es handelt sich dabei um ein klassisches Dark Electro-Projekt mit Industrial-Einflüßen und konzentriert sich in erster Linie auf eine kritische Message bezugnehmend auf globale Problemstellungen. Mit einer post-apokalyptischen Attitütde bringen sie frischen Wind ins Dark Electro-Genre und können hoffentlich auch mit diesem Album überzeugen. Der geneigte Hörer kann sich somit auf elf neue Tracks freuen, welche über das renomierte IDM-Label Raumklang Records veröffentlicht wurden.

Mit "Leakage" geht es sogleich mit einer technoiden Bassline ans Eingemachte, während leicht stockende Breakbeats den Hörer zunächst ein wenig auf die Folter spannen. Es überlagern sich weitere Lead-Melodien sowie äußerst experimentelle Klangstrukturen. Die Vocals erinnern stark an Dirk Ivens und ergänzen sich gut ins atmosphärische Gesamtbild. Auch die Violin-lastigen Pads wissen gut in diesen gelungenen Start hinein zu finden.
Bei "Wrecking Crew" handelt es sich um einen zischend, experimentellen Industrial-Track mit einigen atmosphärischen Klangflächen, verspielten Drums und verschrobenen Sequenzen. Diesbezüglich passen die verquer geshouteten Sequenzen gut hinein, so dass das Ganze an die alte belgische Industrial-Schule erinnert. Der Track liefert eine Menge Dynamik und bäumt sich immer weiter auf, das wird vor Allem an den zur Mitte hin kreativen Sequenz-Einsätzen klar. Recht abwechslungsreich und imposant das Ganze.
Mit "Freak Out!" wird es wiederum etwas technoider und Industrial-lastiger im Synapscape-Stil. Die Drums knallen mit leicht übersteuertem Distortion-Effekt und die FX-Einsätze wirken schräg sowie leicht verstörend. Die Vocals versuchen den Rhythmus noch etwas konstruktiver zu gestalten. Die rhythmisch abwechslungsreichen Einsätze kommen gut, wirken streckenweise jedoch etwas stockend. Ein zugegebenermaßen für manchen Hörer schwer verdaulicher Track.
Mit kritischer Message setzt wohl "Colonialism" an, der sogar einige Dub-Anteile zum Besten gibt, wenn man sich die Delay-lastige Beat-Gestaltung verinnerlicht. 1980er lastige Synth-Sequenzen formen nach kurzer Zeit einen technoiden Oldschool Song, welcher ziemlich cool klingt und sehr viel mit verschiedenen Harmonien hantiert. Auch die kräftigen Vocals stimmen gelungen mit dem gesamtheitlichen Klangbild überein.
"Dangerous Voyage" bietet einige imposant melodische Sequenzen sowie Oldschool-lastige Bass-Synths und tanzbare Breakbeats. Diese Nummer stellt einen coolen New Wave / EBM Song dar, welcher mit einer Liebe zur detaillierten Klanggestaltung erzeugt wurde und eine imposante Tiefenstaffelung besitzt. Dynamische Filter und schräge Effekte runden diesen leicht technoiden Track ab, welcher ganz gut ohne Vocals auskommt.
Darauf folgt mit "Glass" wieder eine eher Dub-lastigere, düstere Nummer welche sich auf verspielte Drum-Machines und atmosphärische Klänge fokussiert. Die zischenden Geräusche wissen zu gefallen, tonal klingt das Ganze jedoch streckenweise zu schräg. Röchelnd, verzerrte Vocals sorgen noch für ein Sci-Fi-lastiges Ambiente.
Mit melodischen Einzeltönen und weitläufigen Pads macht "I Am A Creep" zunächst melodisch weiter, wirkt nach kurzer Zeit jedoch extrem schräg in Anbetracht der einsetzenden effektreichen Geräusche und stilbrüchigen Einlagen. Die Absicht dahinter kann dem Hörer schnell klar werden, jedoch muss man dem Song Zeit bis zur Mitte lassen damit sich dieser vollständig entfalten kann. Hierbei stechen vor Allem die groovige Bassline und die gut einsetzenden Vocals positiv heraus.
Mit Donnergrollen und minimalistischen Drum-Loops macht "Hold Me" weiter und sorgt mit effektreichen Pads obendrein noch für eine weiche Klanggestaltung. Diese Nummer besitzt mit den ansetzenden Sequenzen einen coolen Flow und weiß von Anfang an zu überzeugen. Erinnert in seiner Form an die kanadische Klangschule und schafft es sich mit einer angenehmen Wirkung auf den Hörer zu entfalten.
Klassischen Industrial bekommt der Hörer wieder mit "Tiny Terror" entgegen gebracht, welcher sich aus zischenden Lauten und atmosphärisch dichten Geräuschen sowie monoton verzerrten Bass-Synths und Drumloops zusammen setzt. Verschrobene Vocals runden das verquere Klangbild noch etwas ab.
"If We Just Could Leave It Behind Us" beginnt mit genau so lang gezogenen Klangflächen wie der Titel lautet und schwebt zunächst sphärisch vor sich hin. Der mit über acht Minuten mit Abstand längste Track des Albums macht weiter mit einer Synthwave-lastigen Bassline und baut dabei sein Arrangement immer weiter aus mit einigen tonalen Änderungen. Im Großen und Ganzen eine atmosphärisch dichte und äußerst ambiente Klanggestaltung.
Den Abschluß dieses abwechslungsreichen Albums macht noch "Punishment", welcher mit einer minimalistisch weirden Kulisse und technoiden Drums nachlegt. Die Vocoder-verzerrten Vocals wirken etwas fad und einseitig, zum Abschluß hätte hier etwas mehr Pepp gut getan.

Fazit:
Mit ihrem zweiten Album Varroa Destructor setzen Colony Collapse Disorder komplett anders an als es bei ihrem Debut vor acht Jahren der Fall war. Die düsteren Dark Electro-Songs sind experimentellen IDM-Sounds größtenteils gewichen und es wird viel mehr mit verqueren Tönen und Glitch-lastigen Geräuschen hantiert. Das Album ist äußerst abwechslungsreich und liefert mit jedem Track einen neuen Eindruck, so dass man für kurze Zeit vergisst dass es sich bei jedem Song um ein und das gleiche Künstlerduo handelt. Philipp Münch & Brien Hindman liefern hier ein gutes, aber kein bahnbrechendes Album ab. Die Tracks wissen größtenteils zu überraschen, einige überzeugen auch, andere wirken jedoch tonal etwas daneben und sind dadurch für den ein oder anderen Hörer schwer verdaulich. Wer jedoch Freude an experimenteller Klanggestaltung hat, kann hier gerne mal reinhören.

Lieblingstrack: Hold Me

Bewertung: 7(,5)/10

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