26.06.2019

Minuit Machine ‎– Infrarouge


Genre: Minimal Electro, Dark Wave, Cold Wave, Synth Wave
Release: 2019

Bekanntlich gilt Frankreich als Wave-Hochburg und dies hat auch seinen triftigen Grund. Die melancholisch, verträumte Stilistik passt sehr gut zum romantischen Ausdruck, den das kulturreiche Land gerne vermittelt. Aus Paris, der Stadt der Liebe, stammt die enthusiastische Künstlerin Hélène De Thoury, welche sich in den letzten Jahren vor Allem durch die Veröffentlichungen mit ihrem Solo-Projekt Hante. in die Herzen der Wave-Gemeinschaft katapultieren konnte. Auf Grund ihres Solo-Projekts geriet das ursprüngliche Hauptprojekt Minuit Machine, mit dem Hélène ihre musikalische Karriere zusammen mit ihrer Freundin Amandine Stioui startete, etwas in den Hintergrund. Jedoch ist auch dieses Projekt alles andere als gestorben, wurde doch erst kürzlich mit Infrarouge der dritte Album-Release unter dem hauseigenen Label Synth Religion veröffentlicht. Eben erst veröffentlichte die unermüdliche Künstlerin, Hélène, mit Fierce ein ebenfalls mehr als empfehlenswertes neues Studio-Album ihres Solo-Projekts schon bekommen Fans hier zehn neue Minuit Machine-Tracks mit knapp einer dreiviertel Stunde Spielzeit geliefert. Das Album erscheint in ästhetischer Synthwave-Coveroptik und ist digital, wie auch auf CD und LP erhältlich.

Infrarouge beginnt mit "Chaos" und Reverb-lastigen, geisterhaften Vocals sowie einer tiefen, mysteriösen Bassline. Daraufhin ergänzen sich schöne Melodien und sich immer weiter aufbäumende Sequenzen hinzu, während tanzbare Drumbeats den Hörer in die gedankliche Ferne schweifen lassen und das Musikstück etwas treibender gestalten. Wunderschöne Gesangseinlagen tragen ebenfalls dazu bei, dass der Track eine äußerst ästhetische Note erhält. Von Beginn an ein wundervoll inszenierter Track!
"DRGS" beginnt mit klassischen Wave-Pads, welche sich wie ein Teppich über den gesamten Track  ziehen. Synthwave-lastig geht es weiter mit Bass-Tönen und maschinellen Snaredrums. Die Breakbeats stehen dem Song überraschend gut und ergänzen sich ebenfalls mit dem wunderschönen Gesang sowie den darauf aufbauenden effektreichen Melodie-Anteilen. Eine melancholisch, nachdenkliche Nummer die von Anfang bis Ende unter die Haut geht.
Basslastig wird es wiederum bei "Prey/Hunter". Hierbei kommen vor Allem Resonanzfilter sowie impulsartige Drum-Elemente tragend zur Geltung. Wave-Pads und nachhallende Gesänge schaffen es abermals nachdenkliche Lyrics gekonnt zur Geltung zu bringen. Sequenziell und dezent arrangiert sich dieser Song gemächlich und nimmt zur Mitte auch noch etwas mehr Fahrt auf. Ebenfalls eine wirklich tolle Nummer!
Etwas technoider und härter setzt daraufhin überraschend "Empty Shell" ein, was dem Projekt aber auch tatsächlich gut steht. Die Bassline kommt tanzbar zur Geltung und auch die impulslastigen Beats wissen zu überzeugen. Mit variationsreichen Effekten sowie genial inszenierten Sequenz-Einlagen schafft es dieser Track von Anfang an zu überzeugen und das eigene Herz zu erobern. Auch hier stimmt einfach alles und bringt zur Geltung was für ein einzigartiges Künstler-Duo hier Hand angelegt hat. Klasse!
"Ballet" setzt von Beginn an wieder auf sphärische Wave-Stärken. Jedoch mit äußerst basslastigen und etwas bedrohlicheren Synth-Einlagen. Die Drums kommen dabei sehr stark zur Geltung, während verträumt nachhallende Geräuscheffekte sowie langgezogene Melodien diesen Song zur vollständigen Entfaltung bringen. Das Ganze ist ebenfalls sehr gut umgesetzt und auch äußerst perfekt produziert.
Der darauf folgende "98"" macht auf Grund der Akkorde zunächst den Eindruck eines klassischen New Wave Tracks aus den 1980ern. Es kommen zusätzlich noch einige poppige Beats hinzu sowie effektreiche Synth-Spielereien. Dieser Song wirkt von Anfang an etwas experimenteller, jedoch nicht weniger gut produziert als das komplette Album bisher. Freude für Detail-reiche Synthgestaltung und liebevoller Umsetzung steht bei diesem Projekt hoch im Kurs.
Mit atmosphärischen Klangflächen macht "Fear Of Missing Out" weiter. Melodiöse Sequenzen sowie verspielte Drum-Elemente treiben diese klassische Synth Wave-Nummer weiter nach vorne. Vocals setzen stückweise an und arrangieren sich in den richtigen Momenten ins gesamte Klangbild. Eine verträumte, nachdenkliche Nummer zum Durchschnaufen, welche alles beinhaltet was eine gute Wave-Nummer braucht!
"Sacrifice" setzt dagegen etwas Oldschool-lastiger mit einer klassischen Bassline und straighten Beats im 4/4-Takt an. Nach kurzer Zeit ergänzen sich weit ausgedehnte Klangteppiche sowie verspielte Sequenz-Rhythmiken hinzu. Der Song ist äußerst experimentell gestaltet und macht vor Allem auf Grund der Stereo-Effekte eine Menge Spaß. Genial inszenierter Track, der eine Vielzahl an Einflüssen zum Besten bringt.
"I Am A Boy" spiegelt eine überarbeitete Variante eines der ersten Minuit Machine-Songs aus dem Jahre 2013 und der EP Blue Moon wieder. Der Track entfaltet die volle Wave-Stärke des Projekts und zeigt wie sich verträumte Klangflächen unterschiedlicher Tonalitäten gekonnt ineinander wickeln lassen und ein äußerst ästhetisches Klangbild erzeugen, während rhythmische Drums eine tanzbare Struktur bilden.
Zum Abschluß gibt es mit "Forgive Me For My Sins" noch eine dunkle, eher melodiöse Nummer, die auf verspielte Lead-Synths und Breakbeat-artige Drum-Strukturen setzt. Die Gesänge sind ebenfalls wieder melancholisch und stark in Szene gesetzt und schaffen es in diesem traurigen Song ein weitere glorreiches Album zu einem starken Ende zu bringen.

Fazit:
Hélène De Thoury ist wahrlich ein Phänomen. Immer wenn man als Hörer denkt es geht nicht mehr besser, wird man nach kurzer Zeit eines besseren belehrt. Bereits Fierce schaffte kürzlich einen weiteren Meilenstein in der Hante.-Solokarriere. Mit dem nun hier vorliegenden Minuit Machine-Album hat das Pariser Künstlerduo Hélène & Amandine jedoch ein perfektes Meisterwerk der Wave-Kunst geschaffen. Alle zehn auf dem Album befindlichen Tracks gehen unter die Haut, sind einfallsreich und stilvoll gestaltet und schaffen es ein perfektes Klangbild mit abwechslungsreichem Arrangement zu kombinieren. Infrarouge hat das Zeug zum besten Wave-Album des Jahres zu werden und ist eine Pflicht-Empfehlung für jeden, der was auf perfekt produzierte, synthetische Klangerzeugung setzt. Man könnte höchstens anmerken, dass hier tatsächlich Ecken und Kanten fehlen, doch das ist in dieser Stilistik kein Problem. Ein Meisterwerk!

Lieblingstrack: Empty Shell

Bewertung: 10/10

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