03.07.2019

My Love Kills ‎– Glitch


Genre: Dark Electro, EBM, Synth Pop
Release: 2019

Wenn sich eher unbekanntere Künstler zusammentun um ein neues Projekt mit unkonventionellem Namen zu gründen sowie deren Debut-Album auch noch mit einem Zahnrad versehen ist, wird dieser Blog hellhörig. Bei My Love Kills handelt es sich um in diesem Jahr gegründetes Oldschool EBM / Synth Pop Projekt aus dem Land der elektronisch poppigen Synth-Klänge, besser bekannt als Schweden. Die Protagonisten Fredrik Sigeback (Erotic Elk, Vaylon) & VV Arkames (Ad Infernum) sind bereits seit knapp zwei Jahrzehnten musikalisch aktiv, hielten sich jedoch bislang stets im Underground auf. Das Duo arbeitete in den letzten Monaten an dem hier vorliegenden Debut-Album Glitch, welches ohne redenswerte Promo vor kurzem klammheimlich veröffentlicht wurde. Unüblich interessant ist auch die Label-Veröffentlichung über das in Russland ansäßige ScentAir Records. Der geneigte Hörer kann sich somit auf zwölf innovative Tracks eines neuen, eigensinnigen Projekts gefasst machen.

"Alone" macht den Anfang und ebnet nach einigen zischenden Klängen einer überaus sauberen Bassline den Weg, um mit tanzbaren Drums sowie gut produziertem Mixing den Song weiter treibend zu gestalten. Die leicht Distortion-behafteten Vocals sowie Soundsamples kommen gut und gliedern sich zum richtigen Zeitpunkt in den Song hinein. Auch die melodiösen Sequenzen in einigen Arrangement-Bereichen wissen gekonnt zu überzeugen. Darüber hinaus besitzt dieser Track eine echt satte Dynamik und klingt durchaus organisch. Ein sehr überzeugender Start, welcher streckenweise etwas an Dead When I Found Her erinnert!
Etwas düsterer und fetziger macht sogleich "Just For One Kiss" weiter. Die Beats kommen dick rüber, die Bassline klingt überaus gut und auch die Lead-Synths schaffen eine dichte Atmosphäre. Mit dramaturgischen Lyrics und gut abgemischten Vocals gewinnt dieser Song zusätzlich an Kraft und sorgt dafür, dass der Hörer sich direkt in die Geschichte mit eingebunden fühlt. Erinnert ein wenig an den Stil von Finkseye und macht durchaus Laune.
Atmosphärisch dicht macht auch "Deliver Me" weiter, welcher einige schöne Klangflächen mit Horror-lastigen Samples und gelungenen Bass-Synths vereint. Der Gesang wirkt dabei sehr angenehm und auch das Arrangement, welches sich stückweise aufbaut, macht eine Menge her. Ein melancholisch verträumter Song, der zum Zurücklehnen und Durchschnaufen einläd. Schöne Nummer, wenn auch etwas kurz.
Mit dem Titel "We Don't Want You With Us" gibt es einen kurzen, cineastischen Filler-Song zu hören welcher sich in erster Linie auf Effekte, Glitches und einigen Breakbeats fokussiert.
Darauf folgend wird es mit "Dark Heart Communion" abermals düster als dumpf klingende Effekte, mechanische Sequenzen und Echo-lastige Vocals sowie traurige Lyrics vereint. Zischende Melodien und eine wunderschön inszenierte Klangabstimmung runden diesen Song weiter ab. Darüber layern sich noch Vocoder-behaftete Anteile sowie entspannte Drumloops, was für ein angenehmes Ambiente sorgt.
Eine klare Message liefert "Love Is Suffering". Genial umgesetzte Bass-Sequenzen und technoide Breakbeats vereinen sich zu einer schönen Oldschool EBM Nummer, die mit gekonnten Gesängen zu glänzen und überzeugen weiß. Im Refrain wird der Track noch von verträumt melodischen Sequenzen und atmosphärischen Pads beseelt. Sehr schön.
"The Deep Mind" macht atmosphärisch dicht mit düsteren Pads weiter und erinnert in seiner dargebotenen Klanggestaltung etwas an Sci-Fi-Projekte wie Terminal State. Auch dabei handelt es sich um einen instrumentellen Filler, der mit einer Liebe fürs Detail gestaltet wurde und schöne Töne zum Besten gibt.
Als nächstes folgt mit "The Last Words" ein dicker Dark EBM Track, welcher klasse inszenierte Soundsamples mit guten Synth-Bässen sowie rhythmisch starken Drums kombiniert. Auch hier liegt der Vergleich mit Dead When I Found Her recht Nahe und sorgt mit seinen erzählerischen, melancholischen Vocals für eine beklemmende Atmosphäre. Melodische Sequenzen und seichte Gitarren-Riffs runden das Ganze im Refrain weiter ab.
"Exil" beginnt recht Horror-lastig und ebenfalls sehr cineastisch und zeigt durch eine geniale Inszenierung unterschiedlicher klanglicher Einflüße was musikalisch alles möglich ist. Der Track ist von Anfang an äußerst kreativ umgesetzt und liefert tolle Sequenzen, Flanger-behaftete Vocals und ein abwechslungsreiches Klangbild. Echt spitze!
"2 As 1" beginnt experimentierfreudig, formt sich nach kürzer Zeit jedoch zu einer düsteren Dark EBM Nummer mit hohem Reverb-Anteil und starken Effekten im Rahmen der Klanggestaltung. Der Gesang ist wunderschön inszeniert und auch die melodischen Synths wissen durchgehend zu überzeugen. Trotz der entschläunigenden Langsamkeit fehlt es diesem Song keineswegs an Dynamik.
Daraufhin folgt mit "Love Undone" eine etwas poppigere EBM-Nummer im schwedischen Stil, die mit kräftigen Bässen und tanzbaren Drumloops nach vorne prischt. Die Vocals treten hierbei streckenweise in den Hintergrund und entwickeln sich zu einer zusätzlichen Instrumental-Spur. Ein äußerst fetziger Track, der Spaß macht und in seiner Form an Spark! erinnert. Ebenfalls sehr schön.
Den Abschluß dieses Geheimtipps macht noch der abermals Horror-lastige "Slaves Of Joy" . Dieser kombiniert experimentelle Sequenzen mit einem imposantem Klangbild, straighten Drums sowie überraschendem Einsatz gutturaler Shouts. Ein ebenfalls faszinierend kreativer Song, welcher eine Menge Abwechslung bereit hält und etwas in die Skinny Puppy-Richtung abdriftet!

Fazit:
Es ist vor Allem in der heutigen Zeit mehr als empfehlenswert jedem neuen Projekt eine Chance  zu geben. Bei My Love Kills dauerte es jedoch nicht lange bis das elektronische Herz im Schlage erobert wurde. Das Debut-Album Glitch beinhaltet eine Menge Stilistiken und abwechslungsreiche Anteile und weiß von Anfang bis Ende zu überzeugen. Sowohl Freunde von Dark Electro, Oldschool EBM oder des gepflegten Synth Pop kommen hier voll auf ihre Kosten. Viele Songs erinnern auf Grund ihrer cineastischen Darstellung an das Projekt Dead When I Found Her, jedoch kommen auch Fans von Finkseye, Spark! & Skinny Puppy voll auf ihre Kosten. Ein wunderschöner Genre Crossover-Bastard aus Schweden hat mit einem neuen Projekt, welches mit allen Wassern gewaschen ist, das Licht der Welt erblickt und man kann nur hoffen, dass es noch einiges davon (gerne auch mal live) zu hören gibt!

Lieblingstrack: Just For One Kiss

Bewertung: 9(,5)/10

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