15.10.2020

Armageddon Dildos ‎– Dystopia

 

Genre: EBM, Synth Pop, Dark Wave

Release: 2020

Homepage: https://www.facebook.com/armageddondildos/

 

Es gibt mal wieder einen richtig großen Überraschungs-Release. Die berühmt berüchtigten Armageddon Dildos gehören zu den ältesten und berühmtesten EBM-Bands Deutschlands, welche bereits seit dreißig Jahren aktiv sind und dessen Sänger Uwe Kanka stets immer an vorderster Front steht. Ein Fun Fact ist darüber hinaus, dass der Name an eine mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalrakete ist. Die Band lieferte vor allem in den 1990er Jahren einen deftigen Oldschool EBM ab, dessen Klassiker auch heute noch für volle Tanzflächen sorgen. Nach einer kurzen Techno-Phase wurde es um die 2000er herum jedoch ziemlich schnell still um die Dildos, bis diese Anfang des letzten Jahrzehnts mit Untergrund ein überaus modernes Comeback-Album ablieferten. Nach einigen darauf folgenden Live-Auftritten verschwand Kanka erneut von der Bildfläche, zeigt jedoch mit seinem jüngsten Release Dystopia, dass man diesen Mann so schnell nicht abschreiben sollte. Das Album erschien kürzlich erneut beim belgischen Label Alfa Matrix und stellt das bislang siebte Studio-Album dar. Die Scheibe ist mit dreizehn Tracks und einer klassischen Länge von knapp einer Dreiviertelstunde beseelt, beinhaltet darüber hinaus aber noch eine fürs Label übliche zweite CD mit ebenso vielen Remixen.

 

Es geht los mit "Burn Baby Burn" und einer treibenden, jedoch technoiden Grund-Sequenz. Diese läuft straight durch während im Hintergrund verhallende Shouts und clubbige Dance-Beats sich überlagern. Das Ganze wirkt relativ schlicht und gesamtheitlich betrachtet leider auch nicht besonders eindrucksvoll.

Darauf setzt jedoch der gleichnamige Album-Song mit einer vertrauten Oldschool EBM Bassline an, während einige zischende Leads und Synth-Spielereien den Song umhüllen. Gesanglich kommen hier ebenfalls vertraute Einlagen zur Geltung, so dass man hier von einem wirklich soliden Song sprechen kann.

"Heut Nacht" legt nach mit einer militanten FM-Sequenz und ebenso straighten Drumbeats, die einen leichten Delay erfahren. Schwurblende Synth-Elemente und deutsche Verse sind ein weiteres tragendes Bindeglieds dieses Songs in den man sich als Hörer erst einmal hinein fühlen muss. Eine nette Idee mit leichtem DAF-Touch und keine schlechte Umsetzung.

Weiter geht es daraufhin mit "Destruction" und einer überraschenden Nitzer Ebb-lastigen EBM-Bassline. Hier tragen zischende Synth-Elemente, tanzbare Beats und verspielte Leads ihr Übriges bei. Im Refrain bekommt das Ganze auch noch zusätzlich einen leichten Synth Pop-Touch. Die leicht nasalen Vocals beißen sich jedoch streckenweise mit der hier zu Grunde liegenden Aggressivität. 

Daraufhin wird es mit "Stay" sogar leicht bluesig experimentell. Das innerhalb der Sequenzen und Beats zu Grunde liegende Groove-Tempo kommt gut zur Geltung und steigert die innerhalb der Lyrics gebotene Message. Gesanglich kommt das Ganze gut rüber, wobei der Refrain etwas schwach auf der Brust liegt. Aber an sich eine wirklich coole Nummer.

EBM sowie Synth Pop-lastiger wird es daraufhin mit "Dirty Man". Die Bassline kommt stark zur Geltung, allerdings wirken die Drumbeats etwas schwach und minimalistisch abgemischt. Die leicht verzerrten Vocals integrieren sich gut in den Rhythmus und setzen zur richtigen Zeit an. Die hochtönigen Leads hätten jedoch ebenfalls eine etwas feinere Tonalität vertragen können.

Französische Sprach-Samples leiten "Ohne Dich" ein. Dieser legt nach mit einer starken FM-Sequenz, deutsche Verse und tanzbare Beats. Der Track wirkt schön organisch und steigert die Dynamik im weiteren Verlauf des Arrangements. Instrumentell ziemlich stark umgesetzt, auch wenn man die Lyrics nun als Geschmackssache betrachten könnte.

"Neon" spielt mit zischenden Leads und schönen Piano-Klängen, während sich weitere anmutige Synth-Elemente hinzu ergänzen. Das Ganze klingt überraschend ambient und wird noch durch Vocoder-verzerrte Vocals sowie weiblichem Gesang (Malin Johansen) ergänzt. Diese leicht spacige Nummer steht dem Projekt außergewöhnlich gut und weiß durchgehend zu gefallen.

Weiter geht es daraufhin mit etwas mehr EBM und "Kaltes Herz". Dieser Track wirkt von Anfang an jedoch stark disharmonisch und etwas unrein in seiner Gestaltung. Erst als der Klangbrei sich etwas auflöst und der Bassline sowie den Gesängen die Bahn freiräumt, kommt das Ganze etwas mehr in Fahrt. So hat das Ganze schon vermehrt etwas von Dark Wave und zeigt erneut ein völlig neues Gesicht der Armageddon Dildos.

Als nächstes spielt "Dance On Dead Bodies" etwas technoid und verquer herum. Hier kommen noch zischende Leads und stark ansetzende Sequenzen gut zur Geltung. Zusätzlich ergänzen sich noch einige Melodien und verspielte Tonalitäten. Das Ganze klingt wirklich sehr schön in seiner Gesamtheit und weiß auch durch gute Gesangseinlagen und einigen netten Klangspielereien zu gefallen.

Mit einer sprunghaften Bassline legt "Night People" weiter nach. Eine starke Synth Pop-Affinität ist auch aus diesem Song erkennbar. Dieser weiß durch einige Club-Beats und abgerundete Synth-Elemente zu überzeugen. Zusätzlich ein paar Akkorde hier und einige schöne Lyrics hier. Ziemlich cool.

Trancig und modern wird es daraufhin mit "High Up In The Sky". Neben verspielten Lead-Sequenzen und schwurbelnden Bässen, kommen Percussion-lastige Club-Beats und nachhallende Vocals zur Geltung. Dies ist auch der offiziell letzte Song dieses Albums, daraufhin kann man sich noch auf eine Club-Mix Version des gleichnamigen Album Songs und, wie Eingangs erwähnt, ebenso viele Remix-Varianten freuen.


Fazit:

Dieses neue Armageddon Dildos-Album ist tatsächlich ziemlich gewöhnungsbedürftig, knüpft jedoch an den Trend des letzten Comeback-Albums an. Der Anfang war bereits ernüchternd und zur Mitte hin schlichen sich immer wieder verquere musikalische Ergüsse ein. Zum Ende hin wird jedoch alles wieder etwas besser und findet gefühlt seine Richtung. Dystopia muss man jedoch wirklich zu Gute halten, dass es wahnsinnig abwechslungsreich ist und hier viel mehr als nur ein Genre bedient werden. Darüber hinaus hat man das Gefühl, dass es wohl das experimentellste aller bisherigen Armageddon Dildos-Alben ist. Freunde moderner Techno-Elemente werden sicher hier und da ihre Freude haben, jedoch werden Oldschool-Herzen hier nur schwer bedient. Leider sind einige Tracks auch etwas schwach abgemischt und viele Vocals hätten auch ruhig etwas kräftiger zur Geltung kommen können. Streckenweise ein netter Versuch sich selbst neu zu definieren, jedoch fehlt ein gewisser "Wow"-Effekt. Schade eigentlich, dennoch ein solides Gesamt-Konzept.


Lieblingstrack: Dystopia


Bewertung: 7/10

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