Release: 2020
Homepage:https://www.facebook.com/PlaceboEffect.official
Auf das hier vorliegende Album hat die Dark Electro-Welt nun schon eine ganze Weile gewartet. Das Projekt Placebo Effect existiert seit Anfang der 1990er Jahre und gilt als Urgestein sowie Mitbegründer der zum damaligen Zeitpunkt entstandenen Dark Electro-Bewegung. Darüber hinaus wird die Band gerne als das deutsche Pendant zu Skinny Puppy bezeichnet, konnte sich jedoch bereits recht früh durch einen eigenen Stil etablieren und kann heute eine hohe Fanbase ihr Eigen nennen. In der ersten Hälfte der 90er Jahre sind zwei Alben sowie eine EP erschienen, doch nach einiger Zeit verschwand das Projekt darauf leider für über ein Jahrzehnt von der Bildfläche. Erst ab Anfang der 2010er gab es durch diverse Live-Auftritte eine Art Comeback, auf welches viele Fans sich überaus freuten. Das Projekt bestand ursprünglich aus den Künstlern Achim Windel, Axel Machens & Christoph Kunze, doch leider verstarb ersterer nach den ersten Comeback-Auftritten bereits im Jahre 2016. Da Schock und Trauer tief saßen wurde auch davon ausgegangen, dass damit nun die Ära PE beendet sei, doch als positive Überraschung machten die verbliebenen Protagonisten weiter und veröffentlichten nun mit Shattered Souls nach sechsundzwanzig Jahren ihr längst fälliges Album Nummer drei unter eigener Hand. Dieses ist dicht gepackt mit fünfzehn neuen Tracks und einer Gesamtspieldauer von knapp einer Stunde. Zeit sich das Ganze zu Gemüte zu führen und zu genießen!
Das Album startet mit dem Track "Dead And Buried" und einer unheilvoll Horrorfilm-artig, dichten Atmosphäre. Zudem gesellen sich sanfte Melodien und Reverb-lastige Rhythmik-Spielereien. Vertraute Vocals kommen ebenfalls röchelnd und mit starkem Nachhall zur Geltung. Die Nummer geht von Beginn an unter die Haut und läd zum Träumen sowie dahin schwelgen ein. Nach und nach erweitert sich das Arrangement durch zusätzliche Percussion- und Beat-Anteile. Ein wirklich schön melancholischer, ambienter Song.
"Open Dead Eyes" setzt daraufhin ebenso ambient an und kombiniert, atmosphärische Klänge mit einer bedrohlich anmutenden Bassline. Die Vocals kommen stark verzerrt und ineinander geschachtelt zur Geltung. Zudem wird der Track noch ergänzt von einigen zischend glitchigen Effekten und leicht Industrial-lastigen Beats. Ein sanftmütiges Gleiten von destruktiver Klangvielfalt.
Daraufhin folgt "Evil Dead Trap" mit einigen mysteriösen Effekten und weiteren röchelnden Vocals, die starke Effekte erfahren haben. Zur Abwechslung bekommt der Hörer hier einige imposante Breakbeats und IDM-lastige Soundkulissen serviert. Nachdem der Track den Hörer für einige Zeit auf die Folter spannte, entwickelt sich dieser überraschenderweise langsam zu einer schön, düsteren Electro-Industrial-Nummer, welche streckenweise an Front Line Assembly erinnert. Das Ganze beinhaltet ein ziemlich cooles Arrangement und bleibt von Anfang bis Ende spannend. Tolle Sache!
Daraufhin folgt mit "D.E.S.T.R.U.C.T.I.O.N." ein Industrial-Track, der auf knallharte Distortion-Effekte inmitten der Drumbeats sowie melodiöse Synth Pads setzt. Imposant und kreativ fallen auch die orchestralen Anlehnungen auf. Ein spannungsgeladener Filler für Zwischendurch.
Mit schwurbelnden Pads legt "Crystal White Snow" daraufhin nach. Zudem gesellen sich des Weiteren noch einige röchelnde Vocals sowie atmosphärische Sprach-Samples hinzu. Dies wird weiter geführt zu einer äußerst experimentellen Nummer, bei der vor Allem die sich überlagernden Breakbeats auffällig positiv zur Geltung kommen. Streckenweise bremst sich der Track selbst ab, ist jedoch künstlerisch stark inszeniert.
"Feed Your Creatures" bringt zischende Synth-Effekte und einen groovigen Beat zur Geltung. Hier laufen verschiedene und leicht spacige Faktoren ineinander, welche jedoch gut aufeinander abgestimmt wirken. Die verzerrten Vocals erinnern dabei stark an Skinny Puppy und werden gekonnt mit dem Dargebotenen kombiniert. Ein interessant, klanglich komplexer Ansatz.
Einen leichten EBM-Touch bekommt der Hörer von Anfang an bei "Pain" zu hören, denn hier wird auf eine starke Bassline sowie clubbige Beats gesetzt, welche von unheilvoll klingenden Pads ummantelt werden. Die Vocals sind dabei stark Distortion-lastig verzerrt und gliedern sich gut in die deutlich aggressivere Nummer mit ein. Ein cooler Track, der etwas an Leatherstrip erinnert.
Weiter geht es mit "Down On Your Knees" und etwas penetrant anmutenden Geräuschen, die eine starke Verzerrung erfahren haben. Der Song überrascht jedoch durch einen ziemlich coolen Flow und starken Vocals mit denen man als geneigeter Hörer nun nicht gerechnet hat. Das Ganze hat teilweise etwas von Suicide Commando, weiß den eigenen Charakter jedoch zu bewahren und liefert starke Bass-Synths gepaart mit einer experimentellen Klangkulisse. Wirklich sehr stark und künstlerisch eindrucksvoll inszeniert!
Der Track "Hard Work" ist bereits aus der Vergangenheit bekannt. Die hier vorliegende V2.020 wurde jedoch nochmal ordentlich aufgemotzt und liefert brachialere Drums, eine dickere Bassline sowie fett klingende melodische Anteile. Nach wie vor durch und durch ein klasse Track!
"P.A.R.T." klingt zunächst durch Foto-Geräusche und einer französischen Soundkulisse etwas konfus, das Ganze entwickelt sich jedoch viel mehr in eine ambient spacige Richtung mit schönen Synth-Klängen und eingängigen Tonalitäten.
Daraufhin folgt mit "Slave" eine hochtönig melodiöse Sequenz, die für eine verträumte und nachdenkliche Soundkulisse sorgt. Dies wird begleitet von akustischem Schlagzeug und teils röchelnd, teils jaulenden Vocal-Anteilen. Der Track geht auf seine eigensinnige Weise unter die Haut und liefert ein anmutiges Gesamtbild!
Weiter geht es mit dem gleichnamigen Albumtitel und einigen experimentellen sowie Industrial-lastigen Geräuschen. Penetrante Klänge werden ergänzt durch lauthalsige Vocals sowie zischend sanftmütige Töne. Das Ganze klingt streckenweise recht anstrengend, scheint jedoch gewollt.
"V.O.I.C.E.S." beginnt als nächstes sehr unheimlich und liefert eine durch Synth Pads erzeugte Horror-lastige Atmosphäre. Dies wird verstärkt durch einige zusätzliche Samples, welche für eine beklemmende Stimmung sorgen.
Nach diesem Filler folgt mit "Nothing To Cry" ein groovig schöner Dark Electro-Track, welcher vor allem an alte PE-Songs erinnert und mit einer eingängigen Bassline, weitflächigen Melodien sowie einer schönen Klangverarbeitung zur Geltung kommt.
Der letzte Song mit dem passenden Namen "L.A.S.T." legt eine ambiente Stimmung zu Grunde, welche neben nachdenklich klingenden Flächen noch von Gewitter-Einlagen umgarnt wird. Somit gibt es hier eine schön spacige Dark Ambient-Nummer zum Abschluß!
Fazit:
Mit diesem Album haben die Urgesteine von Placebo Effect tatsächlich nicht zu viel versprochen, denn ganz im Gegenteil überrascht dieses Gesamtwerk durch eine überaus abwechslungsreiche Vielfalt an dargebotenen Stilistiken. Das mit Shattered Souls längst fällige dritte PE-Album ist bei Weitem kein reines Dark Electro-Album, denn hier werden sowohl Freunde von Industrial, IDM, Electro-Industrial als auch EBM bedient. Darüber hinaus erinnern die wenigsten Tracks an vergangene Werke, so dass man von einer evolutionären Entwicklung der Band sprechen kann. Zugegeben ist heraus zu hören, dass die Künstler Axel Machens & Christoph Kunze wohl auch die Geschehnisse um den verstorbenen Achim Windel darauf verarbeiten, nichts desto trotz klingt das Ganze weit weniger Horror-lastig als zuvor erwartet. Es darf jedoch auch erwähnt werden, dass die Produktion ebenfalls sehr gut ausgefallen ist, auch wenn der ein oder andere Song evtl. etwas anstrengend anmutet auf Grund der starken Tendenz zu Distortion-lastigen Effekten sowie einigen penetranten Klängen. Jedoch hat man hier ein gesamtheitlich betrachtet wirklich starkes Meisterwerk, welches in keinem Dark Electro CD-Regal fehlen darf.
Lieblingstrack: Down On Your Knees
Bewertung: 9(,5)/10
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