Genre: Dark Electro, Electro-Industrial, Darkwave, Synthwave, Synthie Pop
Release: 2018
Homepage: http://www.n3voa.com/
Der aus Brasilien stammende, und in New York lebende, Künstler Diego Bittencourt war ursprünglich Drummer einer Death Metal-Band und entdeckte seine Leidenschaft für synthetische Klangerzeugung erst deutlich später. Die Einflüsse seines elektronischen Musikprojekts N3voa sind hierbei sowohl auf europäische (Depeche Mode, Laetherstrip) wie auch auf nordamerikanische Künstler (Front Line Assembly, Skinny Puppy) referenziert. Die ersten beiden Alben wurden noch unter eigener Hand veröffentlicht, der nun erschienene dritte Longplayer Heart Of Stone fand seine Veröffentlichung unter Label-Kooperation mit Claus Larsen (Laetherstrip), dessen Erlöse für wohltätige Zwecke gespendet werden. Das Album erscheint in einer äußerst anschaulichen Cover-Optik, designed von Lauro Guedes Jr. (kFactor), und referenziert die Produktionsarbeit mit anderen wirklich namhaften Künstlern wie Jarkko Touhimaa (Neuroactive), Daniel Myer (Haujobb), Tom Shear (Assemblage 23) sowie Stefan Poiss (Mind.In.A.Box). Ob die dreizehn darauf befindlichen Tracks auch mit dieser Menge an namhaft angesehener Unterstützung überzeugen können muss sich jedoch erst unter Beweis stellen.
Heart Of Stone beginnt mit atmosphärischen Pads und dem Track "Grief". Diese werden überlagert von effektreichen Geräuschen und Dark Electro-Synths der alten Schule. Die halb geröchelt, halb geschrienen Vocals ergänzen sich recht disharmonisch ins Gesamtgemisch und tragen deutlich zu dick auf. Der gesamte Track wirkt tonal etwas gehemmt, liefert jedoch einige interessante Klangfarben. Nettes Intro, wenn auch recht unharmonisch.
Weiter macht der gleichnamige Albumtrack mit anmutigen Effekten und interessanten LFO-Einstellungen auf Synth-Seite. Mit Anbeginn einer durchdachten Bassline und gelungen atmosphärischen Klangflächen gewinnt der Song erst richtig Fahrt. Während die Drum-Anteile abwechslungsreich erscheinen und eine hohe Experimentierfreude beim Künstler vernehmbar ist, laufen starke Klangkonstruktionen ineinander. Hier passen die Vocals auch besser ins Gesamtkonstrukt, auch wenn diese nach wie vor und wie auch in der Vergangenheit einen Schwachpunkt dieses Projekts darstellen.
Nach einigen Sprachsamples und gewitterartigem Drum-Einstieg sorgt "For The Fallen" für eine recht treibende Electro-Industrial-Nummer mit klanglich schönen Synth-Anteilen. Nach etwas über einer Minute ergänzt Claus Larsen's signifikante Stimme diesen abwechslungsreich inszenierten Song, dessen Arrangement dem Hörer nicht ganz zugänglich gemacht wird. An sich eine nette Nummer, es fehlt jedoch noch ein gewisser Reizmoment denn die Monotonie überwiegt bis zum Schluss doch etwas, so dass dieser leicht ins Langweilige abdriften kann.
Mit epochalen Samples, welche leider etwas zu kurz kommen, geht es weiter mit "No Less A Man" und hochtönigen Synth-Sequenzen die stark an Suicide Commando erinnern. Die gekonnt eingesetzten Drumanteile sorgen jedoch dafür, dass es sich dabei weniger um einen Harsh und mehr um einen sauber inszenierten Dark Electro-Song handelt. Die geröchelten Vocals ergänzen sich auch deutlich besser in diesen Song hinein, welcher im richtigen Moment durch Arrangement-Änderungen zu überzeugen weiß. Beste Nummer bisher!
Atmosphärisch und effektreich wird es auch bei "End Of Us", ein Track welcher in seiner Grundstruktur stark aktuellen FLA-Songs ähnelt. Dafür sorgen die clubbigen Beats, die komplexen Synth-Sequenzen sowie eine unterschwellige dunkle Bassline. Mit Anbeginn der Vocals fängt das Ganze jedoch an eher in eine Mentallo & The Fixer-Richtung abzudriften und entwickelt sich zu einem fulminanten Klangfeuerwerk welches von Anfang bis Ende alles richtig macht. Super Sache!
Einen ganz anderen Pfad beschreitet "Together Forever". Hier überlagern sich verträumte Chor-Samples mit stark betonten Lead-Synths und formen in Begleitung schemenhafter Club-Beats einen Project Pitchfork-artigen Darkwave Song, welcher zum Tanzflächenfüller mutieren könnte. Die Vocals treten dabei streckenweise etwas zu clean und zugleich zu dick aufgetragen in Erscheinung. Hier könnte man sich als geneigter Hörer auch eine etwas professionellere Bearbeitung besser zum Gesamttrack vorstellen.
Mit komplexem Arrangement und wissenschaftlicher Message macht "Oxygen" weiter, welcher viele unterschiedliche Elemente aus diversen Stilebenen kompakt miteinander verbindet. Die Vocals treten hierbei etwas in den Hintergrund, erscheinen jedoch neben einer klassisch tanzbaren Drumline mit der Anmut wie sie einst Evils Toy mit sich brachten. Auch hier ist eine gewisse Form von Abwechslungsreichtum und klangliche Rafinesse zu vernehmen, selbst wenn einige Klänge etwas aus der Reihe tanzen.
"Retreat" setzt mit zunächst recht hochtönigen Leads und einigen anmutigen Sequenzen einen drauf. Die seicht gesprochenen und nachhallenden Vocals integrieren sich gut in den Song und ebnen eine schöne Synthie Pop-Nummer mit einigen Wave-Anteilen. Auch hier entdeckt sich der Künstler immer wieder neu und lotet andere Seiten und Facetten seiner Klanggestaltung aus.
Als nächstes sorgt "Sorrow" für ein distanziertes Sci-Fi-Ambiente, welches aus den Reverb-lastigen Bässen sowie Synthwave-Drums hervor geht. Die Vocals wurden hierbei mit feiner Vocoder-Beschaffenheit ausgearbeitet und sorgen in Anbetracht unterschiedlicher Stilmittelelemente für eine überaus fein abgestimmte Nummer mit viel Liebe fürs Detail.
Weitläufige Pads und verträumte Sequenzen liefert von Beginn an "Unforseen Notion" in Kooperation mit Mr. Mind.In.A.Box Stefan Poiss. Das fällt durch die Vocoder-lastige Stimme, welche sehr im Kontrast zum N3voa-Sound steht stark ins Gewicht, weiß aber schnell auf Grund gelungener Klangführung und gekonnt einsetzende Stilelemente zu überzeugen. Hier fallen vor Allem die Akustik-artigen Drums und die sich einbringenden Bass-Synths äußerst positiv ins Gewicht!
"Forgiveness" beginnt effektreich und macht mit nachhallenden Percussions weiter. Eine wavige Stimmung wird durch die sich eingliedernden Pads erzeugt. Darüber hinaus finden sich tanzbare Drums und überaus schräg gewählte Leads wieder. Letztere wirken jedoch leider streckenweise störend. Die Vocals ergänzen sich nur bedingt, da sie nicht ganz mit der Tonlage des Songs übereinstimmen. Der gesamte Song ist gut gemeint, jedoch etwas schwach umgesetzt.
Mit abermals komplexen Klangstrukturen und verspielten Bässen setzt "Roads Of Wisdom" nach. Der Song umschließt unterschiedliche Facetten von N3voa's Stilmittelgebrauch und liefert unterschiedliche Ansätze der Herangehensweise an einen kompletten Songaufbau. Dabei ergänzen sich auftretende Vocals jedoch wiederum deutlich besser in die Gesamtmischung.
Zum Schluß liefert dann noch "Unilateral" einen verträumten Abschluß, bei dem abermals der Gesang zu stark hervor sticht während der Instrumental-Teil etwas untergeht. Die verspielten Sequenzen sowie einzelne Bass-Elemente machen klanglich mehr her, die Drumpassagen wirken leider hingegen etwas zu verquer. Aber auch mit dieser Nummer kann man sich über kurz oder lang anfreunden.
Bewertung:
Als langjähriger Hörer kann man mit Fug und Recht behaupten, dass es sich bei Heart Of Stone mit Abstand um das beste und ausgereifteste bisher erschienene N3voa-Album handelt und es stellt sich schnell heraus, dass Diego sich für die Endproduktion tatkräftige Hilfe an Land gezogen hat. Viele Unhörbarkeiten aus der Vergangenheiten wurden beseitigt, so dass alles viel runder klingt und in einem besseren Kontext aufeinander abgestimmt wurde. Jedoch ist auch hier nach wie vor der Gesang das schwächste Glied der Kette und der Künstler könnte sich überlegen ob es nicht sinnvoller wäre einen zusätzlichen Sänger in sein Projekt zu engagieren. Die Klanggestaltung ist über weite Strecken sehr eindrucksvoll und wird mit zunehmenden Albumverlauf immer besser, schwächelt gegen Ende jedoch wieder ein wenig. Während die ersten Songs noch recht harten Electro-Industrial liefern, ebnen sich im Mittelteil äußerst stilvoll gestaltete Darkwave/Synthwave-Tracks, welche zum Ende hin eher ins Synthie Pop-artige abdriften. Es ist zwar kein perfektes Album, jedoch ein recht abwechslungsreich gestaltetes, dem man gerne mal ein Ohr schenken darf.
Lieblingstrack: End Of Us
Bewertung: 7(,5)/10
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