12.11.2018

In Strict Confidence ‎– Hate2Love


Genre: Electro, Darkwave, Dark Electro, EBM, Synth Pop, Dark Ambient
Release: 2018

In Strict Confidence (kurz: ISC) ist ohne Zweifel eine der wenigen deutschen dunkelelektronischen Bands, welche sich seit Gründung Anfang der 1990er Jahre über die letzten drei Jahrzehnte stabil gehalten hat und stets zeitgemäße Audioqualität abzuliefern wusste. Bezieht man sich nun rein auf den ersten offiziellen Album-Release Cryogenix, so feiert das Kollektiv mit der neuesten Auskopplung Hate2Love nun sein zehntes Studio-Album, welches abermals beim Label Minuswelt Musikfabrik erscheint. Dass Allround-Talent Dennis Ostermann ein erfahrener Künstler ist steht ebenso außer Frage wie dass die beiden anderen Bandmitglieder Jörg Schelte & Stefan Vesper wissen wie ein gutes Album zu produzieren ist. Nachdem sowohl Utopia wie auch The Hardest Heart streckenweise andere Wege einschlugen, soll Hate2Love vermehrt in Richtung Wurzeln der Band angelehnt sein. Allein das kreative Cover Artwork hegt dahingehend einen überraschend Horror-lastigen Anspruch. Zwölf neue Tracks füllen also diese gute Stunde Musik und dürfen wohl auch diesmal eine Menge begeisterter Hörer finden.

Am Anfang sorgen atmosphärische Klangsphären und weitläufige Wave-Pads mit dem Song "Flashover" für eine äußerst ambiente Stimmung. Im Hintergrund verhallen gekonnt einsetzende, gemächliche Drum-Parts sowie fein abgestimmte Klangeffekte. Auf erzählerische Weise sorgt Dennis' markanter Gesang auch noch für einen gekonnt düsteren Anteil in diesem komplex und professionell inszenierten Intro-Song. Das große Portfolio schöner Klangsynthese umhüllt von klanglichen Melodien macht von Beginn an Lust auf mehr.
Der Track "Mercy" von der kürzlich erschienenen, gleichnamigen EP überrascht durch ein eigensinniges Dubstep/Triphop-Klangbild und könnte in Anbetracht dessen auch von The Prodigy oder Massive Attack stammen. Ein interessanter Rhythmus gepaart mit stimmungsvollen Lead-Synths formen auch diese Nummer zu einer imposanten Gesamtstruktur. Den deutlichsten ISC-Anteil tragen auch hier die markanten Vocals sowie rauchigen Gesänge. Was vor Allem überzeugt sind jedoch die verschiedenen, im Refrain einsetzenden, sequenziellen Effekte sowie die im Hintergrund verhallenden Klangspielereien.
Einen klassischen Electro-Dance-Track formt von Beginn an der düster wirkende "Used And Abused". Dies wird in erster Linie durch klassische Lead-Synths, einer dunklen und straighten EBM-Bassline sowie knallharten Drums vollzogen. Mit Gitarren-artigen Sequenzen und schönen Melodien werden dabei stimmungsvolle Vocals in den Refrain gepackt und dadurch ein wahrer Gänsehaut-Moment erzeugt. Ein wirklich emotional tiefgreifender und wunderschön inszenierter Song.
Mit sanftmütigen Piano-Melodien und sphärischen Klangeffekten setzt "Stay" daraufhin nach und läd den Hörer zum Durchschnaufen ein. Mit erzählerischen und deutlich abgemischten, deutschen Lyrics formt Dennis Ostermann hier eine feine Electro-Ballade, welche sich ebenfalls vor Allem im Refrain zu voller Größe entfaltet und durch nachhallende Effekte einen gewissen Post-Rock-Anteil beinhaltet. So bäumt sich dieser Track stückweise auf und weiß ebenfalls auf ganzer Linie zu überzeugen.
Deutlich elektronischer wird es wiederum mit "No One Remembers" und den anfänglichen technoiden Geräusch-Anteilen. Diese verhallten gekonnt im Hintergrund und werden forgesetzt durch klare Sequenz-Melodien sowie einer dicken EBM-Bassline gepaart mit komplexen Drum-Anteilen welche den Hörer zum Tanz einläd. Harte Shouts gepaart mit klaren Gesängen sorgen darüber hinaus dafür, dass ein Song empor steigt welcher vor Allem Oldschool-Herzen höher schlagen lässt. Gekonnt ist gekonnt!
Mit anfänglichen Gitarren-Riffs und einer elektronisch verspielten Dance-Nummer macht "Every Start Has Its End" weiter. Auch dieser Song lebt von seiner Dynamik und paart straighte Drums mit innovativen Synth-Klängen, welche ein harmonisches Gesamtgemisch ergeben. Der Refrain macht zusammen mit den Lead-Synths und den interessanten Gitarren-Anteilen ebenfalls eine Menge her. Überaus kreativ gestaltete und abwechslungsreich inszenierte Nummer.
"Three Evils Of Society" spielt von Beginn an mit schwurbelnden Sequenzen und starken Lautstärke-Schwankungen im Arrangement. Eine komplexe Drum-Rhythmik und einige kritisch angebrachte Sprach-Samples sorgen noch für eine unter die Haut gehende Atmosphäre und formen einen Dark Electro Track, welcher es in sich hat. Aufstrebende Synthwave-Anteile sowie klare und gut abgemischte Vocals mit nachdenklichen Lyrics sorgen noch für einen guten menschlichen Anteil.
Ganz anders daraufhin "Rain Dance", welcher mit Ambient-Klängen sowie weiblichen Folk-Gesängen nachlegt. Rauschendes Wasser und tobende Wellen umhüllen zunehmend das Klangbild, während sanftmütig nachhallende Synth-Melodien die ruhige und entspannende Atmosphäre verstärken. Eine wahre Überraschung und perfekt inszeniert auf seine grazile Art und Weise.
Auch nach diesen fünf Minuten der Ruhe bleibt es zunächst atmosphärisch als "Reign Of Love" zunächst einige Delay-behaftete Klänge und zurückhaltende Rhythmiken liefert. Nach kurzer Zeit wird der Song jedoch von düsteren Gesängen und technoiden Bass-Sequenzen überschattet. Das Ganze wird harmonisch gekonnt kombiniert und macht durch effektreiche Anteile eine Menge her. Stimmige und Seitens Endproduktion gekonnt inszenierte Nummer.
"Wartime Lies" beginnt ebenfalls mit atmosphärischen Effekten und einer ähnlichen Stimmungslage wie vorheriger Song. Dieser wird jedoch zunehmend dancig als erste Sequenzen und tanzbare Drums in deutlich schnellerem Tempo nachsetzen. Eine leicht unruhige Nummer, deren Vocals teilweise auch leider etwas zu dick auftragen. Nichts desto trotz findet aber auch dieser Song sein ganz eigenes Gesicht und überzeugt vor Allem indem er im Kontrast zu vorherigen Nummern steht. Abwechslung wird auf diesem Album groß geschrieben!
Eine deutlich wildere Nummer liefert daraufhin von Beginn an "Devil's Trident". Zunächst mit zurückhaltenden, in sich geschlossenen Dark Electro-Rhythmiken sowie komplexen Soundstrukturen wächst diese Nummer im FLA-Stil streckenweise über sich hinaus und macht mit einigen verqueren Sounds und genial inszenierten Vocals in Kombination mit einem äußerst kompliziert wirkenden und dennoch harmonischen Arrangement eine Menge Stimmung. Ein wirklich brachialer Drum'n Bass/Dark Electro-Song, der es in sich hat!
Den Abschluß macht dann noch der Dark Ambient-Song "Chor Der Toten", der einige Drone-Eskapaden und nachhalende Synth-Effekte liefert was ebenfalls Angesichts der Horror-lastigen Dramatik sehr interessant wirkt. Auch die diabolisch, verzerrten Vocals sind mal eine gelungene und stimmige Abwechslung.

Fazit:
Man ist ja mittlerweile regelmäßig erscheinende In Strict Confidence-Alben fast schon gewohnt, aber mit so einer Überraschung konnte man wahrlich nicht rechnen. Nachdem der zuvor erschienene The Hardest Heart leider nicht so ganz überzeugen konnte macht Hate2Love hier genau das Gegenteil und liefert ein wahres Klangfeuerwerk und ein großartiges Meisterwerk, bezüglich dessen was moderne Klangsynthese liefern kann, ab. Die auf diesem Album befindlichen Songs liefern allesamt ihre ganz persönliche Qualitätsnote ab und tragen dennoch den charakteristischen ISC-Grundsound inne. Das Arrangement fällt hierbei wahnsinnig komplex aus und ist harmonisch dennoch sehr stimmig inszeniert. Selbst innerhalb vereinzelter Tracks werden Stilbrüche begangen, welche unscheinbar wirken und dennoch hervorragend zur positiven Gesamtnote beitragen. Die Vocals sind ebenfalls gut abgemischt, auch wenn diese bei einigen Songs etwas zu sehr in den Vordergrund geraten. Aber die unverwechselbar, dunkle Stimme eines Dennis Ostermann ist auch einfach ein Genuß. Die Gesamtproduktion sowie das Ganze Album sind wirklich ein Knaller geworden, so dass man mit Fug und Recht behaupten kann eines der besten ISC-Alben der letzten Jahre in Händen zu halten. Chapó!

Lieblingstrack: Used And Abused

Bewertung: 10/10

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