Genre: Electro, Synth Pop, IDM, Dark Techno, Ambient
Release: 2018
Homepage: http://www.individual-totem.com/
Zu Beginn des Jahres wurde das neue Album-Release eines Projekts angekündigt, welches definitiv als eines der Urgesteine deutscher Elctro-Klangwelten gelten darf. Die Rede ist hier von Individual Totem, ein Projekt angeführt von Synthesizer-Pionier Bernd Madl welcher seit Anfang des Jahrzehnts mit Jürgen Moßgraber zusammen arbeitet. Ihre Ursprünge hat das Projekt bereits seit 1987, dadurch ergab sich de fakto, dass sie ihre Hochphase in den 1990ern zur Dark Electro-Ära erlebten. 2007 gab es dann das unverhoffte Comeback mit dem Album Mothfly und darauf folgend Kyria 13 im Jahre 2013. Nun veröffentlicht das Projekt bereits sein siebtes Studio-Album Electrostatic und bleibt dem aktuellen kanadischen Label Artoffact Records dabei treu. Bei Individual Totem steht auch Qualität ganz klar über Quantität, was sie bereits mit vergangenen Releases bewiesen. Das neue Album möchte einen erneut in verwunschene Sci-Fi-Atmosphären und liebevoll inszenierte Klangwelten entführen. Für bekennende Modular-Tüftler nichts Neues. So bleibt es dem geneigten Hörer nur noch übrig sich zurückzulehnen und sich durch 12 neue Tracks auf diesem Album in geheimnisvolle Welten entführen zu lassen.
"Perfect" lautet der erste Songtitel und beginnt zunächst mit hochtönigen Sägezahn-lastigen Lead-Synths, nach kurzer Zeit ergänzen sich eine straighte Synthwave-Bassline und tanzbare Drumbeats hinzu. Mit flüsterhaften Vocals, klaren Synth Pop-Gesängen und klassischer Rhythmik wird der Hörer hier vom Klangbild gesamtheitlich umhüllt. Ein für das Projekt etwas überraschender Ansatz, die Liebe fürs Detail ist jedoch kaum verkennbar.
Mit Mod-getriggerten Bässen und tonal nachhallenden Cowbell-Spielereien setzt "Pure" mit leicht verzerrten Vocals und Sci-Fi-artigen Effekten nach. Ein zunächst eher gemächlicher Track, welcher durch eine leicht disharmonische Hauptsequenz etwas an Fahrt gewinnt. Clubbige Beats tragen noch ihr Übriges bei um diesen Song auszuweiten.
Deutlich agiler wird es sogleich mit "Warriors Of The Sun", ein Song der im High-Speed-Modus mit klanglich anmutigen Sequenzen und einigen hochtönigen Leads eine Mischung aus Electro-Industrial & Trance liefert. Überraschend fallen hierbei vor Allem die Gitarren-artigen Samples auf. Atmosphärisch liefert der Song darüber hinaus ein volles und beeindruckendes Klangbild und sorgt auch durch die gekonnt einsetzenden und gut abgemischten Shouts für eine wirklich coole Nummer. Sehr stark!
Effektreich geht es mit "Lullaby In A Snowstorm" weiter. Dub-lastige Drum-Elemente und schön inszenierte Synth-Klänge sorgen in Kombination mit klaren Gesängen für eine genüßliche Nummer zum Durchschnaufen. Dieser Synth Pop-Track erinnert etwas an Mind.In.A.Box und hinterlässt ebenfalls einen positiven Eindruck das Klangbild betreffend.
"Fire" erlebt daraufhin einiges an Bitcrush-Effekten sowie verqueren Robotik-Vocoder-Anteilen, nach vorne preschenden Shouts und eigenartig inszenierten Bass-Synths. Die Nummer versucht einen etwas härteren Gesamteindruck zu hinterlassen, wirkt streckenweise jedoch etwas aufgesetzt. Zu Gute halten muss man dem Song jedoch den hohen eigeninitiativen Experimental-Anteil. Cool wird das Ganze erst dann als eine treibende Bassline zusammen mit straighten Beats den Flow erhöhen. Schon irgendwie eigensinnig das Ganze..
Mit weitläufigen Synth-Pads erzeugt "Interluder 1" einen Filler-Song, welcher wohl aus Liebe zu synthetischen Klangspielereien entstanden ist. Ein relativ cooler Drum'n Bass Beat sowie eine Kombination verschiedenster Klangelemente überlagern sich hier gekonnt.
Ab der zweiten Halbzeit sorgt "Dreaming Of Angels" wie der Name schon sagt für verträumte Klänge und elektrostatische Synth-Effekte. Nachhallende Vocals, schöne Lyrics und eingängige Percussion-Elemente sind ein tragendes Muster dieses Tracks. Sehr viel Effektspielerei kombiniert zu einem klanglichen Gesamtkunstwerk sorgen für einen äußerst interessanten Song!
Mit "Last Chance" erwartet den Hörer die bisher am besten produzierteste Nummer bezugnehmend auf den Gesamt-Mix. Eine lupenreine Bassline wird begleitet von wundervollen Drum-Elementen und melodisch verträumten Lead-Synths. Die nachhallenden Vocal-Anteile treten hier eher im Hintergrund in Erscheinung. Ein wunderschöner Song, welcher sich nach und nach immer weiter aufbäumt - einfach perfekt!
Etwas mehr Techno & EBM bekommt der geneigte Hörer mit "Enlighten Me". Inszeniert wird das Ganze durch eine treibende Bassline, straighten Beats und einfach gestricktem Arrangement. Die Vocals ergänzen sich hierbei allerdings nicht so gut hinzu und tragen zu dick auf. Die Breaks kommen ebenfalls zu plötzlich und die Melodie-Anteile treten leider nur sporadisch auf. Eine vergleichsweise etwas schwächere Nummer.
Ein weiterer klanglich sehr ästhetischer Filler erwartet den Hörer daraufhin mit "Interluder 2", welcher wieder in verträumte Sci-Fi-Atmosphären einläd.
Der einfache Titel "Beat" deutet daraufhin einen straighten Song an welcher recht zurückhaltend beginnt, jedoch nach kurzer Zeit schon deutlich härtere Anteile in Form von zischenden Synth-Lauten, nach vorne prischenden Shouts sowie einer recht überzogenen Snare zur Geltung bringt. Auch dies ist erneut eher als eine Techno-Nummer zu betrachten, welche angeführt von einigen klassischen Leads noch äußerst imposante Pads zu bieten hat. Abwechslungsreich und experimentell.
Den Abschluß macht daraufhin eine Ambient-lastige Nummer Namens "How We Feel", welche wunderschöne Pads, klanglich abwechslungsreiche Sequenzen, schöne Vocals und einen guten Gesamtmix zur Geltung bringt. Das sind die Attribute, welche Individual Totem stark machen und an denen man sehr schnell Gefallen findet!
Fazit:
Das Projekt Individual Totem liefert stets vielversprechende Erzeugnisse ab und als Hörer weiß man eigentlich vorher nie so wirklich was man bekommt. Dies und die Tatsache, dass sehr viel Liebe fürs klangliche Detail in der Inszenierung steckt macht dieses Projekt auch so besonders. Bernd Madl hat auch mit Electrostatic ein wundervolles Gesamtkunstwerk geschaffen, welches sehr viel Abwechslung beinhaltet und den schmalen Grat zwischen ambientem Synth-Pop sowie hartem Electro sehr gut trifft. Manche Tracks fallen äußerst experimentell aus und sind für den geneigten Hörer somit auch streckenweise gewöhnungsbedürftig, doch tragen auch diese zum individuellen Klangbild bei, welches das Projekt immer wieder aufs neue liefert. Das Album fällt sehr erfrischend anders ins Gewicht und liefert für jeden was, der etwas auf gekonnt inszenierte Synthklänge mit viel Aufwand gibt.
Lieblingstrack: Last Chance
Bewertung: 9/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen