Release: 2018
Homepage: https://www.facebook.com/frameofmindband/
Es heißt ja bekanntlich immer: Das Beste kommt zum Schluß! Nach gerade mal knapp über einem Jahr veröffentlicht der enthusiastische Frankfurter Sympathisant Marko Hein mit seinem (mittlerweile) Solo-Projekt Frame Of Mind sein zweites offizielles Album bei Infacted Recordings. Was bereits vor einigen Monaten angekündigt wurde ist also nun kurz vor Jahresende Wirklichkeit geworden. Das Projekt hat leider noch keinen allzu hohen Bekanntheitsgrad erreicht, was in Anbetracht der auf dem Debut-Album "Resurrected" befindlichen Qualität jedoch höchst verwunderlich erscheint. Bereits das erste Album war ein Meisterwerk erster Klasse und lieferte eine gesunde und erfreuliche Mischung aus Dark Electro, Electro-Industrial & Darkwave. Der zweite Longplayer lautet At The End Of The World und tritt mit einer nicht weniger spektakulären Cover-Optik in Erscheinung. Allein für das auf dieser Scheibe befindliche Artwork von Mrs. White, welches im Booklet nochmals anschaulicher dargeboten wird, hätte es die volle Punktzahl verdient. Jedoch muss sich vor allen Dingen der Inhalt noch in erster Linie unter Beweis stellen. Der Künstler liefert siebzehn (!) neue Tracks und von der Spieldauer her eine bis zum Rand gefüllte CD ohne großartig Remixes und Schnickschnack. Zum ersten mal nach über zwei Jahrzehnten live wird das Projekt in neuer Besatzung am 22.12. als Vorband von Suicide Commando im Frankfurter "Das Bett" live zu sehen sein, ebenfalls ein Termin den sich geneigte Hörer nicht entgehen lassen sollten. Ob uns nun mit At The End Of The World kurz vor Jahresende das Album des Jahres erreicht hat, wird sich hier noch unter Beweis stellen.
Das Intro lautet "Dawn" und beginnt mit orchestral, atmosphärischen Klängen sowie ambienter Stimmungslage. Elektronische Sequenzen bäumen sich geschmeidig und sanftmütig auf. In bedachter Stimmlage heißt uns Marko's erzählerische Stimme Willkommen. Der Beat erklingt gemächlich verträumt und Post-Rock-artige Gitarren-Riffs verhallen im Hintergrund. Es wird viel mit effektreichen Klängen gespielt und der Hörer somit in die Gedankenwelt des Künstlers entführt. Auf diese Weise wird gekonnt Spannung erzeugt, welche immer weiter ansteigt. Herrlicher Einstieg!
Deutlich dunkler setzt daraufhin mit Karacho der Song "Worship" an, welcher stilistisch eine Mischung aus Project Pitchfork & Skinny Puppy darstellt. Ein straighter, militanter Drumbeat gefolgt von Distortion-lastigen Vocals und minimalistischen Sequenzen sorgen für eine unruhige Stimmung sowie düsteren Gemütszustand. Dazu gesellen sich noch verschrobene Gitarrenriffs und äußerst künstlerisch erzeugte Effekte in Kombination mit harten, kalten, jedoch atmosphärisch starken Pad-Elementen. Der Tempo-Wechsel zur Mitte hin ist ebenso faszinierend wie der hinterlassene Gesamtausdruck des Tracks. Was für eine Bombe gleich zu Beginn.
"You'll Die Alone" setzt ebenso aggressiv, jedoch deutlich clubbiger, an. Mit einigen unterhaltsamen Sequenz-Spielereien und straighten Drumloops folgen noch verzerrte Vocal-Shouts, welche im Refrain in sanftmütige Gesänge umgemündet werden. Die Vocals sitzen verdammt gut und auch die überlagernden Effekte machen eine Menge her. Wieder eine ganz andere Seite des Projekts, die hier zum Vorschein kommt und voll und ganz zu überzeugen weiß.
Mit wunderschönen Klängen beginnt der bereits durch die vorab erschienene EP bekannte Song "Nothing Else To Do". Hier ist die gesamte Expertise des Künstlers deutlich hör- und erlebbar. Genial inszenierte Sequenzen mit abwechslungsreichen Drum-Strukturen und formvollendeten FX-Elementen werden zu einem gesamtheitlich tollen Klangerlebnis vermischt. Gesanglich ist das Ganze ebenfalls top inszeniert und es finden sich eine Menge detailverliebter Momente in diesem Song, sei es in Anbetracht der noch zusätzlich dezent integrierten Gitarre oder den verträumt atmosphärischen Klangflächen. Einfach ein Wahnsinns Track!
Etwas ruhiger, aber nicht weniger atmosphärisch setzt "Alive" mit ebenso schönen Klangflächen und gekonnten Bassline-Strukturen an. Abermals treten zusätzlich Post-Rock-artige Gitarren-Klänge und Percussion-lastige Drum-Rhythmiken in Erscheinung. Die Vocals setzen markant und gut an und erinnern stark an Skinny Puppy, wobei der Rest des Songs recht Dark Wave-lastig ist. Ebenso bäumen sich sehr schöne, Lead-getriggerte Melodien überlagernd zur Mitte des Tracks hin auf und lassen somit eine epochale Gesamtnummer erklingen. Auch diese Nummer geht unter die Haut.
Effektreich und leicht Noise-lastig geht es mit "Resurrect" weiter. Hier zeigt das Projekt wieder ein ganz anderes Gesicht, welches mehr an die Frühphase Anfang der 1990er erinnert. Faszinierend fallen hierbei vor Allem die Vocal-Effekte auf und der trotz verquerer Klänge perfekt inszenierte Gesamt-Mix. Und ehe man sich versieht tritt auf einen Schlag Ruhe und Entspannung gepaart mit Glitch-artigen FX-Klängen in Erscheinung. Eine sehr komplexe und schwer greifbare Nummer, die in ihrer Eigenart einen beeindruckenden Gesamteindruck hinterlässt und ein extrem abwechslungsreiches Arrangement zum Besten gibt. Wahnsinn!
Ein wenig Oldschool EBM bekommt der geneigte Hörer zu Beginn von "Wall In Our Head", als eine rhythmische Bassline und tanzbare Drumloops mit Sprachsamples ergänzt werden. Daraufhin folgen noch einige schöne Klangflächen, volle Gesangseinlagen, ein wunderschön in die Höhe erhobener Chorus sowie ein, in sich geschlossen, genialer Mix. Diese Nummer liefert einen schönen Groove sowie ein äußerst verträumtes Klangbild ab.
Mit Ritual-lastigen Trommeln und Brass-Samples erklingt "Dirty Little God" gemächlich in den Ohren. Der gesamte Song ist äußerst Reverb-lastig, was auch die entspannten Gesangseinlagen sowie orchestralen Pads zusammen mit den Glocken-artigen Melodien zu Verstehen geben. Sämtliche Elemente passen perfekt zueinander und sorgen für einen formvollendeten, wunderschönen und melancholischen Dark Ambient-Song, der einen in den Gedankenfluß treibt.
Auch wenn man behaupten könnte, dass At The End Of The World bereits bis hier einen perfekten Abschluß gehabt haben könnte, beginnt erst die zweite Hälfte der Geschichte mit "Devil In Disguise". Ein Song, der zunächst an 1980er Synth Pop erinnert und wieder äußerst Sequenz-reich mit fein abgestimmten Klängen und rhythmischen Breakbeats zur Geltung kommt. Der Gesang tritt hier etwas rauher in Erscheinung und die Lead-Melodien stellen in erster Linie ein Hintergrund-Element dar. Auch hier stellt eine Post-Rock-artige Gitarre wieder ein feines Hintergrund-Element dar. Faszinierend ist hier das tonal abwechslungsreiche Spiel mit dem Timbre.
Mit dem überraschend ansetzenden Bowie-Klassiker "I'm Afraid Of Americans" setzt Frame Of Mind zunächst minimalistisch und verspielt weiter an. Diese Cover-Version war nicht abzusehen, ist aber von Beginn an ebenso super in Szene gesetzt wie die restlichen Songs und bäumt sich vor Allem im Refrain zu seiner vollen, rockigen Größe. Der Gesang fällt dabei äußerst überzeugend aus und der Song macht von Anfang bis Ende auf ganzer Linie Spaß. Tolle Sache!
"Can You See Me" beginnt mit Sprachsamples und im Hintergrund verhallende Violin-Pads. Die integrierten und gemächlichen Drumloops wirken sehr smooth, so dass der gesamte Song recht schnell eine loungige Note erhält. Gesanglich ist das Ganze dunkel und stark zur Geltung gebracht. Auch die sich überlagernden, weiblichen Vocals im Chorus sowie die verträumten Bell-Klänge fühlen sich gut an. Den vollen Stilbruch erfährt der Track als zur Mitte eine dunkle Bassline und deutlich dunklere Drumbeats sich dazu ergänzen. Eine wunderschöne Ballade von Anfang bis Ende!
In der Frühphase des Projekts gab es einen Song Namens "Heartbeat", welcher auf diesem Album seine 2018er-Version erfährt. Hier stehen eine detunete Sequenz sowie rockige Drumbeats im Vordergrund, während weitere aktuelle Stilelemente sich gekonnt dazu ergänzen. Sehr schön fallen ebenfalls die darauf folgenden Sequenzüberlagerungen auf, während die Vocals eher im Hintergrund vertreten sind.
Daraufhin geht es mit "Braindead" Zombie-artig fett zur Sache. Eine rapide Bassline und noch schnellere Drumbeats begleiten EBM-lastige Shouts, gekonnt einsetzende Lead-Sequenzen sowie sanftmütige Glockenspielereien. Nach den letzten eher ruhigeren Nummern, kommt dieser verspielte creepy-Sound ziemlich cool rüber und sorgt für gekonnte Abwechslung und nickende Köpfe. Ein ordentlicher Floorstomper, welcher auf ganzer Linie Spaß macht und auch Fans Horror-lastiger Soundstrukturen ein Lächeln ins Gesicht zaubert! Echt fett!
Mit smoothigem Beat setzt "Is Someone Out There" an. Hier bekommt der Hörer wieder eine vertraut, verträumte Dark Electro-Nummer, die gesanglich ebenso schön inszeniert ist wie es vereinzelte instrumentelle Strukturen bereits zum Ausdruck bringen. Auch hier ist das Zusammenspiel aus Effekten, Sequenzen, Leads und Gitarre äußerst bewundernswert und liefert einen weiteren tollen Track ab, der über den gesamten Zeitraum in keinster Weise an Eindruck verliert.
Mit sanftmütigen Piano-Klängen und ruhigen FX-Elementen macht "Superheroes" weiter. Dabei handelt es sich eher um einen klassischen Pop-Rock-Song mit schönen Gesangseinlagen und entspannter atmosphärischer Haltung. Genau das richtige zum Schwelgen und Zurücklehnen! Geht unter die Haut und aufs Herz.
Den eigentlich letzten Song des Albums liefert "Subluminal Violence", welcher mit schönen Bass-Synths und verträumten Wave-Pads glänzt. Der Beat unterscheidet sich hierbei nicht sonderlich von den vertrauten Strukturen auf diesem Album. Das Besondere sind hier in erster Linie die Stereo-Spielereien sowie der einsetzende Gesang, der trotz Versatz zu den übrigen Elementen sich doch perfekt ins Klangbild ergänzt. Abermals äußerst kreativ in Szene gesetzt!
Als Outro folgt mit "Quiet Devil" noch eine recht Piano-lastige und orchestrale Nummer mit schönen weiblichen Gesängen und erzählerischer Stimmlage, die einen perfekten Abschluß liefert!
Fazit:
Auch wenn der erst vor einem Jahr erschienene Vorgänger "Resurrected" ein in sich geschlossenes, perfektes Gesamtkunstwerk war ist At The End Of The World ein wahrer Traum der klangkünstlerischen Erzeugung und liefert dem Hörer eine neue Ebene der tonalen Wahrnehmung. Nicht nur, dass Frame Of Mind aka Marko Hein hier ein Gespür für Abwechslungsreichtum und stilistische Raffinesse besitzt, hier passt einfach alles von der Tiefe des Arrangements bis zur Endproduktion, als auch vom lyrischen Ausdruck zusammen. Egal was der Künstler macht und in welche Richtung es geht, es hat alles Hand und Fuß und beinhaltet eine Menge erlebbare Arbeit und Liebe fürs Detail. Darüber hinaus ist das Erzeugte mit so gut wie keinem anderen Projekt vergleichbar und liefert somit seine ganz eigene Note innerhalb eines undurchschaubaren Genre-Crossovers ab. Dann auch noch die schiere Anzahl an Tracks in so kürzester Zeit?! Da fehlen einem glatt die Worte. Das Album ist ein absoluter Pflichtkauf und sollte unter keinem Weihnachtsbaum oder auch sonst in keinem Regal fehlen! Herzlichen Dank für das Album des Jahres!
Lieblingstrack: Nothing Else To Do
Bewertung: 10/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen