18.02.2019

Boy Harsher - Careful


Genre: Dark Wave, EBM, Synth Pop
Release: 2019

Bei Boy Harsher handelt es sich um ein Minimal Synth Pop Projekt aus den Vereinigten Staaten, welches einen klassischen 1980er Jahre Sound eine moderne Note verleiht, was in gewisser Weise heut zu Tage einen gewissen Trend darstellt. Ihr Sound stellt eine Mischung aus tanzbarem Electro Pop, melancholischem Dark Wave und groovigem Italo Disco dar. Hinter dem Projekt verbergen sich die beiden Protagonisten Augustus Muller & Jae Matthews. Sie veröffentlichten ihr Debut-Album Yr Body Is Nothing zur Mitte des Jahrzehnts bei DKA Records, welches relativ schnell einen ziemlich großen Anklang erreichte. Nach drei Jahren ist nun also das zweite Album Careful unter eigenem Label, welches auf die Bezeichnung Nude Club Records hört, erschienen. Dadurch, dass der bevorzugte Stil von Boy Harsher recht sinnlich wirkt erscheint auch der gewählte Name des Labels relativ schlüssig. Auch aus der retrospektiven Cover-Optik geht dieser Ansatz klar hervor. Als geneigter Hörer darf man also gespannt sein was diese zehn neuen Tracks alles zu bieten haben.

"Keep Driving" stellt zu Beginn ein klassisches, Spannung erzeugendes Intro mit schwurbelnden Synth-Bässen, langsam empor steigenden Sequenzen und Natur-beseelten Effekten dar. Percussion-Klänge und sinnlich gesprochene Vocals werden ergänzt durch weitere schräge Soundeinlagen und sorgen so für einen psychedelischen, jedoch auch martialisch wirkenden Eindruck.
Den ersten eigentlichen Song liefert dann "Face The Fire", welcher zu Beginn immer mehr an Klangfarbe bekommt und einen ziemlich fetten 80s Beat mit einer solid klingenden Bassline und nasal gesprochenen weiblichen Vocals kombiniert. Weitläufige Wave-Pads und straighte Lead-Synths sorgen für eine nachdenkliche Atmosphäre. Ein wirklich schöner Sound, der hier geboten wird.
Mit verspielten Lead-Melodien und groovigen Dance-Beats setzt "Fate" nach. Die weiblichen Vocals kommen hier sehr stark zur Geltung und erinnern an Projekte wie  Keluar & Linea Aspera. Der Track wird erweitert durch atmosphärische Pads im klassischen Wave-Stil und nach typischen 1980er Sound klingenden Synth-Effekten. Auch der zum Mittelteil hin einsetzende Modwheel-Anteil schafft es diesen detunten Sound überzeugend zur Geltung zu bringen. Ebenfalls eine ziemlich coole Nummer muss man sagen.
"LA" macht mit hochtönigen Synth-Pads weiter und sorgt für eine anmutige Stimmung. Mit knalligen Effekten und einer klassischen Italo Disco Bassline setzt ein straighter Beat sowie eine verspielte Bassline an. Weitere Wavepads und schöne Gesangseinlagen bilden den Hauptbestandteil dieses  äußerst atmosphärischen Songs, welcher von Anfang bis Ende Spaß macht.
Eine straighte EBM-Bassline erwartet den Hörer bei "Come Closer", dazu noch ein knalliger Bassdrum-/Snare-Wechsel im 4/4-Takt und im sinnlichen Reverb verhallende Klangeffekte. Hier und da stoßen noch einige weitere Effekte hinzu. Dieser Song wirkt allerdings im Vergleich zu den vorherigen etwas unreif und die Technolastigkeit steht dem Projekt leider auch nur marginal. Netter Versuch.
Daraufhin folgt mit "The Look You Gave (Jerry)" wieder ein Song im klassischen 80s Synth Pop-Gewand und umhüllt den Hörer mit einer fein verarbeiteten Bassline, schrägen Effekten sowie einem deutlichen Gesangspart. Eine deutlich verträumtere und melancholische Nummer.
"Tears" sorgt mit knalligen Industrial-Beats für etwas mehr Abwechslung, wobei die verspielten Lead-Synths ein wenig zu viel des Guten sind und nur durch die gekonnt einsetzende Bassline wett gemacht wird. Die Nummer erscheint etwas experimentierfreudige unruhig, so dass man aus dieser zunächst nicht so schnell schlau wird und erst die feinen Gesangseinlagen dem Hörer das Gemüt besänftigen.
Der darauf folgende "Crush" baut sich zusammen aus einem Drone-lastigen langatmigen Wave-Pad und knalligen Effekten sowie einigen Samples. Das erinnert teilweise an einen 80s Filmscore und sorgt für einen interessant atmosphärischen Filler-Track.
Synth Pop und Minimal lastig wird es sodann mit dem fröhlich anmutenden "Lost". Ebenfalls verspielte Sequenzen und straighte Beats, die im Vordergrund stehen und den Weg zu weiteren Italo Disco Sounds ebnen. Streckenweise wirkt das Ganze etwas monoton, schafft es aber dennoch einen positiv anmutenden Eindruck zu hinterlassen.
Den Schluß liefert der gleichnamige Albumtrack mit einer kurzen Drone-lastigen Nummer und einigen Samples.

Fazit:
Das Projekt erfindet das Rad nicht neu, weiß jedoch auf seine eigene Art und Weise zu überzeugen. Careful schließt an der Stilistik von Yr Body Is Nothing nahtlos an und macht deutlich, dass Boy Harsher wissen wie man einen guten 80s Sound auf eine moderne Art und Weise zur Geltung bringt. Die Tracks sind allesamt grundsolide und sorgen sowohl für verträumte, verspielte als auch melancholische Momente. Der Sound stellt nach wie vor ein gutes Crossover dar und liefert Freunden von Synth Pop, Minimal Wave, Dark Wave, Synth Wave, Italo Disco und selbst EBM ein schönes Konzeptalbum. Kritik lässt sich darin finden, dass sich die meisten Tracks doch zu sehr ähneln, einige streckenweise einen doch etwas zu schrägen Eindruck hinterlassen und alles nicht immer ganz sauber abgemischt wurde, obwohl das auch dem gewohnten Stil der 1980er wahrscheinlich entgegen kommen möchte. Nichts desto trotz ein gutes Album, welches nochmal einen Ticken besser als der Vorgänger ist.

Lieblingstrack: Fate

Bewertung: 8/10

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