Genre: EBM
Release: 2019
Homepage: https://www.facebook.com/OrangeSector
Das Jahr fängt aus EBM-Sicht wirklich gut an. Nachdem es bereits in den letzten beiden Monaten zu so einigen namhaften Releases neuer und bekannter Projekte kam, lieferte kürzlich auch ein wahres Urgestein der deutschen EBM-Szene ein neues Album nach. Die Band Orange Sector, hinter dem die sympathischen Protagonisten Martin Bodewell & Lars Felker steht, wird seit geraumer Zeit noch von AD:Key-Frontmann René Nowotny ergänzt und verhielt sich die letzten paar Jahre vergleichsweise eher ruhig. Was Anfang der 1990er mit klassischem Oldschool Sound im DAF-Stil begann und zum Ende des Jahrtausends einen Schlenkerer in Richtung Synth Pop machte lieferte mit dem EBM-Revival Mitte der 2000er innerhalb von zehn Jahren ein fettes Album nach dem anderen ab. Nach einer kurzen Verschnaufpause kommt das Trio nun mit ihrem elften Release Alarm zurück, welches wie gehabt bei Infacted Records auf Scheibe wie auch digital erscheint sowie zehn neue Tracks beinhaltet. Die Cover-Optik welche eine gehisste, orange-farbige Fahne präsentiert ist wieder gewohnt schlicht gehalten, jedoch aussagekräftig gestaltet. Mit einer Spielzeit von knapp über einer halben Stunde kann man auch abermals mit ein paar kurzen und knackigen Songs rechnen. Zeit sich somit wieder einer vollen Breitseite "raw & pure" EBM entgegen zu stellen.
Mit der dezent politischen Aussage "Wir sind mehr" startet der erste Track mit einigen schrillen Effekten und treibenden Drums, die in ihrer Form und den dargebotenen Percussion-Elementen an Nitzer Ebb erinnern. Eine rauhe Bass-Sequenz sorgt abermals für eine OS-typische Atmosphäre und auch die derben Shouts von Martin wirken nach wie vor sehr vertraut. Als Hörer bekommt man somit die volle Breitseite deutscher EBM-Kunst gleich zu Beginn. Abwechslung erfährt der Song in erster Linie an Hand unterschiedlicher Drum-Einsätze.
Flott geht es auch direkt mit "Die Fahne" weiter. Im Vordergrund steht eine mechanisch einsetzende Bassline, welche für Kopfnicken sorgt und ein wenig an DAF & Gesaffelstein erinnert. Darüber hinaus laden straighte Drums sofort zum Stompen ein. Die Vocals wirken hierbei wie eine zusätzliche Instrumental-Spur und beinhaltet ordentlich Power.
Mit einer Spannung erzeugenden Bassline setzt "I Spit On You" mit einer Menge unterschwelliger Wut weiter an. Die Drums kommen dabei schleppend zum Einsatz und setzen sich durch stückweise Ergänzung weiterer Elemente zusammen. Die Vocals wirken zu Beginn ebenfalls schleppend, im Refrain jedoch etwas besser. An sich ist das Arrangement dieses Tracks doch recht stockend und als Hörer findet man leider nicht wirklich Anschluß zu diesem Song.
Ein klassisches EBM-Arrangement kommt mit "Feuer" von Beginn an zum Einsatz. Die einsetzende Bassline beinhaltet einen schönen Flow, die Drums liefern einen tanzbaren Beat, die Shouts kommen im richtigen Moment zum Einsatz und die Message ist auch nicht verkehrt gewählt. Allerdings hätten die Lyrics etwas gewiefter ausfallen können. Dennoch eine starke und eingängige Nummer!
"The Face Of Violence" würde auch einen schönen Filmtitel abgeben, bei diesem Song handelt es sich jedoch um eine weitere starke EBM-Nummer aus dem Hause Orange Sector, bei welchem vor Allem die tonal schön umgesetzte Bassline in Kombination mit den abwechslungsreich gestalteten Drums überzeugt. Hier kommen auch Vocals und Lyrics super zum Tragen, so dass der gesamte Song von Anfang bis Ende eine runde Sache darstellt und durchgängig zu überzeugen weiß!
Ordentlich geschreddert wird von Beginn an bei "Es ist nicht zu spät". Mit starkem Fokus auf Snare, zusätzlichen Percussion-Elementen sowie einer monotonen Bassline wirkt dieser Song auch in Anbetracht der schlicht gehaltenen Vocals recht punkig. Leider vermisst man als geneigter Hörer an der Stelle etwas Kreativität und Abwechslung.
Der darauf folgende Song "Farben" wurde vorab bereits veröffentlicht und ist äußerst gewieft umgesetzt. Eine groovige Bass-Sequenz und imposante Drum-Anteile, welche erneut an frühe Nitzer Ebb Songs erinnern kommt äußerst cool zur Geltung. Auch die Vocals finden einen schönen Einsatz und als sich der Track im Refrain aufbäumt liefert der Track einen perfekten Flow ab. Der wirklich beste Alarm-Track bisher!
Auch mit "Peace" wird die Message, welche Orange Sector mit diesem Album berechtigt zum Besten geben, schnell klar. Musikalisch bekommt man als geneigter Hörer auch hier wieder eine straighte Bassline, abwechslungsreich gestaltete Drums mit erhöht technoidem Anteil sowie dunkle Vocals.
Mit einfach gehaltener Tonalität und stockender Sequenz macht "Hellfire" weiter. Auch die Drums wirken hier zwar knackig, jedoch etwas träge. Die Lyrics sind recht cool gewählt, die Vocal-Anteile tun jedoch schwer daran sich in den übrigen Song zu integrieren. Erst im Refrain kommt das Ganze besser zur Geltung. Eigensinnig, jedoch nachdenklich umgesetzt.
Den Abschluß dieses Albums macht dann noch "Zerstörer" mit gewohnt detuneter Bassline, flotten Drums und vertrauten Vocal-Anteilen. Eine dicke EBM-Nummer zum Abschluß eines erneut, gelungenen OS-Albums.
Fazit:
Wo Orange Sector drauf steht, da ist auch Orange Sector drin. Das elfte Album der EBM-Haudegen erfindet das Rad verständlicherweise nicht neu, knüpft jedoch nahtlos an bisherige Releases an. Inhaltlich ist die Thematik abermals äußerst zeitgemäß gewählt und weist eine klare Message gegen Diskriminierung auf, was der Band wirklich positiv zu Gute gehalten werden kann. Die Songs auf Alarm sind allesamt recht kurz gehalten und das komplette Album ist nicht wirklich lang. Jedoch enthalten so einige Tracks die richtige Würze, die es benötigt um ein gesamtheitlich gutes Album abzuliefern. Zugegeben wirken diverse Tracks sowohl instrumental wie auch inhaltlich nicht wirklich einfallsreich, so dass man sich als geneigter Fan mehr "Yeah"-Momente gewünscht hätte. Auch die stockenden Anteile in diversen Sequenzen und Drumbeats lassen einige Songs recht schleppend wirken. Im Großen und Ganzen ist Alarm ein weiteres gelungenes Orange Sector-Album, welches ein neues Kapitel aufschlägt, jedoch auch nicht das Beste Album darstellt. Es ist aber auch schwer an die letzten fünf OS-Alben heran zu kommen.
Lieblingstrack: Farben
Bewertung: 7(,5)/10
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