29.05.2019

Frontier Guards ‎– You


Genre: Dark Electro, IDM, Dark Ambient, Industrial
Release: 2019

Es gibt endlich auch mal wieder etwas Neues aus der komplex elektronischen, slowakischen Klangschule. Um das aus Bratislava stammende Aliens Production Label ist es in den letzten beiden Jahren relativ ruhig geworden, wenn man in Relation dazu den Aufschwung der dortigen Szene zu Beginn und Mitte diesen Jahrzehnts betrachtet. Das Kollektiv-Projekt Frontier Guards hat sich in diesem Jahrzehnt als eines der Dark Electro-Steckenpferd etablieren können und veröffentlicht nun kürzlich mit You ihr bereits fünftes Studio-Album mit welchem die beiden Protagonisten Martin Pavlik & Tomas Galle zu ihrem Ursprungs-Label zurück gekehrt sind. Mit den letzten beiden Alben gab es einige Quer-Abstecher zu anderen Labels, während der Sound des Projekts nach wie vor relativ komplex, Sci-Fi-lastig und düster geblieben ist. You erscheint mit einem im anmutigen Orange, interessant gehaltenen Cover-Motiv bei denen uns ein Fuchs, der sich hinter einem angekratzten Baum versteckt misstrauisch beobachtet. Dies lässt eine Menge Interpretationsspielraum offen. Das Projekt selbst versteht sich als audiovisuelle Gesamtkunst, welche sich mit dunklen Themen des menschlichen Geistes sowie der Auffindung der eigenen Umgebungsbeziehung intensiv auseinander setzt. Das neueste Album erscheint mit zehn neuen Songs digital wie auch auf CD und etwa fünfzig Minuten Spielzeit.

Passend zum Cover geht es los mit "Princess Fox" und nachhallenden Klavierklängen, welche zunächst in wirrem, jedoch melodischem Geklimper dargeboten werden. Nach und nach jedoch wird eine nachdenkliche Melodie zum Besten geben. Nach kurzer Zeit ergänzen sich noch dunkle Bass-Synths und verträumte Atmosphäre-Pads hinzu, während in gemächlichem Tempo sanfte Drumloops einen anmutigen IDM-Track zum Besten geben.
Mit "Shelter" bleibt es zunächst atmosphärisch ruhig mit starkem Fokus auf schön dargebotene und sanfte Piano-Melodien, während im Hintergrund atmosphärische Flächen eine ambientere Stimmung zaubern. Technoider wird es als sich nach einiger Zeit effekt-behaftete Synth-Sequenzen passend ins Gesamtkonstrukt ergänzen sowie ein grooviger Beat den Hörer zum Kopfnicken einläd. Eine wunderschön inszenierte Nummer!
An ursprünglich, vertraute Frontier Guards-Tracks erinnert der Sci-Fi-lastige Drone zu Beginn von "Essence". Mit diesem Song wird es auch zunehmend düsterer. Es schleichen sich vereinzelte Effekte, welche wie Wesen aus einer anderen Welt klingen sowie mysteriöse dunkle Sequenzen seitlich an den Hörer heran. Zur Mitte hin wird der technoid, elektronische Part weiter ausgefahren während dezente Piano-Klänge eher in den Hintergrund geraten. Eine sehr einfallsreiche und komplex inszenierte Nummer.
Mit "Synapse" wird es ausnahmsweise in Anbetracht der dunklen Bassline auch mal etwas EBM-lastiger, wobei einzelne Kickdrums und Industrial-Samples den Hörer in eine Maschinenwelt davon tragen. Auch dieser Song sorgt für eine überraschende Abwechslung und wurde mit einer Liebe fürs Detail aufgenommen. Das wird vor Allem auf Grund der unterschiedlichen vereinzelten Tonfolgen klar wahr genommen.
Wie der Name schon andeutet beginnt "Calm" daraufhin etwas ruhiger und liefert vereinzelt schwurbelnde Synth-Klänge und Female Choir-basierte Soundsamples mit starken Reverb-Anteilen über alle Spuren. Auch die hochtönigen Melodien sorgen für eine eher verträumtere Feen-artige Soundkulisse während im Hintergrund technoide Sequenzen das Ganze etwas maschineller wirken lassen. Zur Mitte hin nimmt der Song mit Tribal-lastigen Drum'n Bass-Loops sowie variationsreiche Sequenzen noch etwas mehr Fahrt auf. Das Ganze ist auch hier wieder sehr schön inszeniert.
Sphärisch ambient macht daraufhin "Sighting" mit einigen noisigen und effektreichen Klängen sowie Drone-lastigen Pads weiter. Im Hintergrund erklingen weitere, dezente Klänge während eine düstere Atmosphäre immer weiter ausgefahren wird. Mit dem Erklingen Bass-lastiger Sequenzen wirkt das Ganze zunehmend bedrohlicher. Die Richtung des Songs wird allerdings nicht ganz klar dargeboten. Ein feiner Dark Electro-Track formt sich zur Mitte hin als die Bass-Sequenzen sowie experimentelle Drumloops den Hörer umschließen. Sehr interessant und spannend zugleich.
Mit dem daraufhin gleichnamigen Album-Song folgt wieder eine deutlich ambientere Nummer, welche mit melodisch nachklingenden Piano-Tönen eine schöne Atmosphäre zum Besten gibt. Dem Hörer wird dadurch eine sehr entschleunigte Atmopshäre dargeboten, die durch spacige Synth-Klänge auf gleicher Tonlage verstärkt wirkt. Eine elektronische Flanger-getriggerte Sequenz erzeugt zur Mitte hin noch ein berieselndes Klangbild auf welches man sich voll und ganz konzentrieren und zurücklehnend einlassen kann, während sanfte Flächen den Track noch ambienter wirken lassen.
Der nächste Track "Oasis" setzt wiederum vermehrt auf Industrial-lastige FX-Klänge und somit wieder für vertraut Sci-Fi-artige Ansätze. Die atmosphärisch, tieftönigen Wave-Pads und melodiösen Sequenzen in Kombination mit martialischen Drum-Einlagen verstärken das Ganze noch zusätzlich. Hier kommt die vertraut slowakische Dark Electro-Kunst, welche bereits von Projekten wie Disharmony & Terminal State meisterlich umgesetzt wird voll und ganz zum Tragen. Ein sehr schöner Song über die volle Länge!
Mystisch ambient wird es wiederum mit "Wolf", bei welchem diesmal einige experimentelle Klänge gekonnt kombiniert werden, um daraufhin in ein düsteres und Ritual-lastiges Ambiente umzuschwänken. Die schreienden Vocalsamples stellen einen interessanten Kontrast zu den sanftmütigen Melodien dar. Einer der bisher düstersten Songs auf diesem Album, welcher jedoch mit allen Wassern gewaschen ist und eine beklemmende Atmosphäre durch gekonnte Tonfolgen sehr gut inszeniert.
 Den Abschluß dieses meisterlichen Albums macht dann noch "Hope" mit einer gekonnten Mischung experimenteller Effekte, sanftmütiger Melodien, technoider Sequenzen sowie tanzbaren Breakbeats. Ebenfalls ein wunderschön inszenierter Track, der nochmal die volle Pracht des Albums zum Besten gibt.

Fazit:
Die Frage ob hinter diesem Projekt leidenschaftliche Soundtüftler stecken, sollte sich spätestens mit dem hier vorliegenden Album vollends geklärt haben. You stellt eine Ansammlung abwechslungsreich dargebotener und wunderschön in Szene gesetzter IDM-Songs dar, welche über die gesamte Spielzeit ein umwerfendes Klangbild abgeben. Dieses Album kann gerne auch als bis dato bestes Frontier Guards-Album gekührt werden, was natürlich nur für das Projekt von Martin Pavlik & Tom Galle spricht, welche sich über die Jahre stets weiterentwickelt haben. Das slowakische Duo weiß wie ambiente Klänge gekonnt sowohl in naturverbundene als auch Sci-Fi-getriebene Atmosphären gepackt werden und formt daraus einen schönen Gesamtmix, welcher gut in den Ohren klingt und unter die Haut geht. Das Album kommt auch nach wie vor voll und ganz ohne Vocals aus und lässt diese an keiner Stelle vermissen. Darüber hinaus hat das Ganze auch eine sehr schöne Endproduktion durchfahren und stellt einen audiophilen Klanggenuß dar. Bitte mehr davon!

Lieblingstrack: Wolf

Bewertung: 9/10

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