16.07.2019

Cryo – The Fall Of Man


Genre: EBM, Minimal Electro, Synth Wave, Synth Pop, Electro-Industrial
Release: 2019

Bei Cryo handelt es sich um ein mittlerweile langjähriges Traditions-Projekt aus Schweden, welches zwischen den Genre EBM & Synth Pop schwimmt und bereits seit fünfzehn Jahren aktiv ist. Gründer und Kopf des Projekts ist Martin Rudefeldt, welcher zusammen mit dem Label-Inhaber von Progress Productions, Torny Gottberg, in unregelmäßigen Abständen Produktionen veröffentlicht hat. Das audiophile Duo legt stets Wert auf klanglich, hochwertige Veröffentlichungen umgarnt von kalten, dunklen Vocals und ist live auch schön anzusehen. Nachdem sämtliche Alben bereits auf gute Kritik gestoßen sind, kann man sich nach fünf Jahren seit Retropia auf die neueste Auskopplung The Fall Of Man freuen. Dieses Album erscheint in einer klassischen Auskopplung mit zehn neuen Tracks und etwa fünfzig Minuten Spielzeit verständlicherweise erneut beim hauseigenen Label. Obwohl die Bühnen auf welche Cryo bisher spielten meist relativ groß waren, bleibt das Projekt dem Underground gerne treu.

Das Album beginnt mit dem Titel "Know Your Enemy" und zunächst noisigen Flächen im Dive-Stil. Diese wandeln sich jedoch LFO-getriggert immer mehr in Bass-lastige Sequenzen und anmutige Synth-Klänge um. Nach einigen Sprach-Samples ergänzen sich minimalistische Drums und gesprochene Vocals hinzu. In Anbetracht der hochtönigen Flächen und atmosphärischen Klänge kommt hier eine ordentliche Portion Synth Wave zur Geltung, welche etwas an den Stranger Things-Soundtrack erinnert.
Nach dieser ruhigen Einleitung geht es mit "Control" etwas energiegeladener weiter. Leicht verzerrte Basslines und straighte Drumbeats werden mit nachhallenden Gesangseinlagen kombiniert. Im Fokus steht eine eher kühlere Atmosphäre, welche auf ein gekonntes Wechselspiel unterschiedlicher Synth-Elemente setzt. Ein klassischer Synth Pop-Track mit einigen Coldwave-Einlagen.
Es bleibt bei einem tanzbar straightem Tempo und wird mit "Remember" zunehmend EBM-lastiger. Die Bassline erfährt auch hier ein leichtes Detuning, kommt jedoch stark zur Geltung. Die minimalistischen Beats treten dabei mehr in den Hintergrund. Einige Effekte sowie seichte Gesangseinlagen sorgen für eine verträumt, psychedelische Atmosphäre. Der Song liefert eine solide Grundstruktur und zeigt sich recht experimentierfreudig.
Mit "Valium" wird es von Beginn an überraschend Industrial-lastig, wobei einige psychedelische Effektspielereien und Sprach-Samples für einen trancigen Einfluß sorgen. Der Track ist von Beginn an relativ monoton gehalten und die Vocals verharren in einer eher dunklen Sprachlage. Der Fokus liegt ganz klar bei schwurbelnden Synthbässen und einem tanzbaren Beat, viel mehr als ein paar zusätzliche Effekte darf man nicht erwarten. Ziemlich 1990er-lastig das Ganze.
Mit ambienten Klängen beginnt zunächst "Smile Forever", kurz darauf schließen sich rapide Synth-Sequenzen an und sorgen dafür, dass der Track durch einzelne Elemente sich weiter arrangiert. Distortion-lastige Vocals sowie im Hintergrund verhallende Synthpads ergänzen sich noch technoid hinzu. Ein relativ mechanisch wirkender Song, der jedoch eine gewisse Wirkung entfaltet.
"Sanitarium" beginnt vertraut gemächlich und bedämpft. Der Track entpuppt sich nach kurzer Zeit jedoch als eine klassische EBM-Nummer mit schnell laufender Bassline, straighten Beats und direkten Vocals. Für eine willkommene Abwechslung sorgen Percussion-Spielereien sowie vereinzelt einsetzende Effekte.
Mit minimalistischen Ansätzen setzt "Decay Decay Decay" an. FX-gespickte und gut abgemischte Drums werden zusammen mit gemächlichen und ruhigen Synth-Sequenzen zum Besten gegeben, während kühl gesungene Vocals in den Vordergrund treten. Diese sorgen jedoch leider auch dafür, dass der Instrumental-Teil etwas in den Hintergrund gerät, was relativ schade ist.
Mit "When You Cross The Line" finden akustische Drum-Einsätze Einzug. Eine wilde Mischung aus Synth Pop- und Wave-Spielereien, welche sogar von einigen sanften Gitarren-Klängen begleitet wird, sorgt für eine vulominöse Mischung. Gesanglich ist das Ganze ebenfalls stark in Szene gesetzt und ebnet eine in sich geschlossene, saubere und abwechslungsreiche Nummer den Weg.
"Low Life" ist eine vermehrt experimentelle Nummer, welche mit harten Beats und weichen Synth-Sequenzen eine gelungene Kombination aus Electro-Industrial und Synth Wave liefert. Die Vocals kommen zu Beginn kräftig zur Geltung, gehen jedoch im weiteren Verlauf etwas unter. Der Instrumental-Teil ist stark ausgebaut und liefert ein abwechslungsreiches Arrangement. Sehr interessant inszeniert.
Den Abschluß liefert dann noch "Human Nature" mit melodiösen Ansätzen, verspielten Sequenzen und gediegenem Rhythmus. Die Gesänge bleiben düster und sorgen für eine beklemmende Atmosphäre. Abermals ein schöner Synth Wave-Track, der das ganze Potenzial von Cryo ausschöpft.

Fazit:
Mit The Fall Of Man liegt dem geneigten Hörer ein grundsolides und facettenreiches Album der schwedischen Synth-Schule vor. Die Klänge sind klar und sauber in Szene gesetzt und es lassen sich relativ wenig Ecken und Kanten feststellen. Genau letzteres hätte dem ein oder anderen Track jedoch nicht geschadet. Cryo verstehen ihr Handwerk und das geht auch aus diesem Album erneut vor. So darf man sich über ein kurzweiliges und abwechslungsreiches Gesamtwerk freuen, welches eine Menge Genre-Anteile beinhaltet. Das Rad wird allerdings, wie zu erwarten war, auch nicht neu erfunden. Es fehlt an der ein oder anderen Stelle ein gewisser Wiedererkennungswert und etwas mehr Energie hätte dem Ganzen auch nicht geschadet. Nichts desto trotz, wer auf schöne analoge Synth-Klänge steht, dem wird auch dieses Album gefallen.

Lieblingstrack: When You Cross The Line

Bewertung: 7/10

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