Genre: Oldschool EBM, Dark Techno
Release: 2019
Wenn musikalische Underground-Größen etwas veröffentlichen werden meist ganze Subkulturen mobilisiert und neugierig gemacht. Wenn es sich dabei auch noch um einen Künstler der alten, belgischen EBM-Schule handelt kommt man kaum drum herum sich mit dem Thema intensiver auseinander zu setzen. Jacky Meurisse, Kopf und Mastermind des belgischen Oldschool EBM-Projekts Signal Aout 42, ist wahrlich kein Unbekannter. Der Mann ist bereits seit dreißig Jahren musikalisch aktiv und tritt seitdem auf internationalen großen sowie auch kleinen Bühnen auf. Darüber hinaus veröffentlichte er in dieser Zeit in Kooperation mit unterschiedlichen Electro-Künstlern ebenfalls über etliche weitere Projekte zig Releases. Sein Steckenpferd ist und bleibt jedoch SA42 mit welchem er Ende der 1980er/Anfang der 1990er drei Alben veröffentlichte und seit Ende der 2000er in unregelmäßigen Abständen wieder eine Art Comeback feierte. Qualität statt Quantität lautet bei diesem Projekt die Devise, daher bleibt die Anzahl an Veröffentlichungen recht überschaubar. Der letzte Release Inspiration ist mit sechs Jahren nun auch schon eine Weile her, so kommt Insurrection als siebtes Studio-Album dem geneigten Hörer nur entgegen. Das Album erschien kürzlich, wie bereits die letzten, bei Out Of Line und beinhaltet einen klassischen Umfang von zwölf neuen Tracks mit ca. einer Stunde Spielzeit! Man darf also gespannt sein, was die belgische EBM-Ikone diesmal zu bieten hat.
Mit Druck beginnt passend dazu "Under Pressure" als erster Album-Track mit einer bedrohlichen Bassline sowie langsam nach vorne schreitenden Vocals. Nach dezenten HiHat-Ansätzen ergänzen sich noch clubbig, fette Beats hinzu und schaffen den tanzbaren Ansatz rhythmisch perfekt in Szene zu setzen. Der Mix ist hervorragend, was auch zusätzlich noch aus den melodiösen Leads und mystischen Pads hervor geht. Starker Auftakt!
Ein gewisser Techno-Ansatz lag dem Projekt schon immer zu Grunde, das beweist auch der darauf folgende passende Song "Technocra(z)y". Kritische Lyrics und drastische Vocals begleiten dabei ein leicht verschobenes Arrangement bei dem die Haupt-Sequenz etwas mehr pepp hätte vertragen können. Der Song nimmt nach ca. einer Minute erst so richtig Fahrt auf als dicke Beats sowie weitere klanglich imposante Elemente sich hinzu ergänzen. In diesem Kontext ergänzen sich ebenfalls die gesprochenen Vocals geeigneter hinzu.
Mit klassischen Oldschool EBM-Ansätzen legt daraufhin "Welcome To Reality" nach, welcher mit einer genial inszenierten Effekt-behafteten Bassline sowie Hat-lastigen Drumbeats aufwartet. Die Vocals sind ebenfalls vertraut und wirken typisch für das Projekt. Hier sticht vor Allem der Kontrast zwischen gemächlich und schroff in imposantem Wechselspiel besonders positiv hervor. Eine tolle Nummer!
Mit einer starken Cut-Off-Filterung im Rahmen der Bass-Sequenz spielt daraufhin "Out Of Control" recht technoid herum. Der Track liefert jedoch einen sehr straighten Flow, welcher von Beginn an zu überzeugen weiß. Abermals tragen die sehr gut abgemischten Drumbeats recht positiv zu dieser Dark Techno-Nummer bei. Auch hier beweist Jacky Meurisse, dass er sein Handwerk von Grund auf beherrscht.
Mit einer dicken EBM-Bassline führt der französisch sprachige Song "Le Bien - Le Mal" den Song weiter fort. Nach einigen Stereo-Spielereien und Effekt-Haschereien im Rahmen der Vocal-Inszenierung führen wieder tanzbare Hats sowie ein straighter Kick-Snare-Wechsel den Track an. Zirpende Leads und ein weiterer Einsatz verspielter Effekte sorgen dafür, dass auch diese recht clubbige Nummer auf Dauer nicht langweilig wird.
Ebenfalls Oldschool EBM-lastig und schwer geht es mit "No Apologies" weiter ans Eingemachte. Die äußerst kreativ gefilterte Bassline sowie dicken Beats sorgen auch hier wieder für nickende Köpfe und wippende Füße. Die Vocals treten gesanglich leicht gesprochen und SA42-typisch in Erscheinung. Eine sehr schöne dunkle Nummer, welche streckenweise sogar etwas an die ruhigeren Nitzer Ebb-Songs erinnert.
Die zweite Hälfte beginnt mit dem gleichnamigen Albumsong, welcher mit einer rapiden und bedrohlich wirkenden Bassline für leichte Verwirrung sorgt. Anschließend folgen eine dicke Bassdrum, sprachlich etwas zu stark hervor stechende Vocals und seichte Effekte im Hintergrund. Der Track ist von Beginn an etwas schwer greifbar präsentiert sich jedoch wieder mehr als Dark Techno- und weniger als EBM-Nummer.
"Honor And Justice" ist mit über sechs Minuten der längste Albumtrack und gliedert sich an Vorherigem an. Die Hauptsequenz fällt hierbei etwas hochtöniger aus und ist ebenfalls recht verwirrend gestaltet. Die Beats behalten das vorherige Tempo bei, die Struktur wirkt dabei abermals technoid und die Vocals kommen gesprochen und sich wiederholend zur Geltung. Einige Lead-Elemente zur Mitte hin sorgen für eine wilkommene Abwechslungs, dennoch eine eher schwächere Nummer in Relation zu vorherigen Tracks.
Ob man die Wut bei "Can You Hear My Rage?" heraus hört sei mal dahin gestellt. Der Track beginnt zumindest mit einer ziemlich groben Bassline, technoiden Drumbeats und legt mit einigen Effektspielereien noch einen oben drauf. Das Arrangement erweitert sich für einen Techno-Song typisch und legt die Vocals etwas in den Hintergrund. Interessant zu beobachten ist das leicht verschobene Tempo zwischen einzelnen Spuren. Dies macht das Ganze etwas imposant. Ansonsten bleibt die Nummer recht monoton, aber nicht schlecht.
Mit dem längsten Songtitel des Albums "Dance Until The Sun Raise Again" wird als willkommene Abwechslung mal wieder mehr EBM Anstelle von Techno inszeniert. Schöne FM-Sequenzen sowie eine seichte Bassline werden mit abwechslungsreichen Percussions, melodischen Pads und gesprochenen Vocals kombiniert. Eine hervorragende Umsetzung eines klassischen SA42-Songs.
"Black Snow" setzt zunächst auf langgezogene Sawtooth-Leads, macht kurz darauf jedoch mit dicken Bass-Synths und sich langsam hervor hebenden Drumloops ordentlich Druck und sorgt für ein gutes Zusammenspiel klanglich unterschiedlicher Elemente. Eine schön düstere Oldschool EBM-Nummer, mit starken melodischen Anteilen.
Zum Schluß folgt mit "The New World" noch eine klanglich etwas atmosphärischere Nummer, welche auf verträumte Pads und melodische Anteile setzt. Die Bass-Sequenz kommt äußerst gewieft mit Stereo-Effekten zum Tragen und auch die Reverb-lastigen Vocals sowie langsamen Drum-Elemente schaffen eine schöne Wave-Nummer zum Abschluß eines sehr guten Albums.
Fazit:
Dass es sich bei Jacky Meurisse um einen sehr vielschichtigen Charakter handelt, stellt er mit diesem neuen Signal Aout 42 Album recht eindrucksvoll zur Schau. Die Wurzel liegt nach wie vor im Oldschool EBM der alten belgischen Schule, was dem geneigten Hörer nach den ersten paar Tracks sofort klar wird. Der Künstler hat seinen Stil nicht verändert und liefert mit Insurrection ein solides und absolut hochwertig inszeniertes Album ab. Darüber hinaus lässt er jedoch, vor Allem zur Mitte des Albums, in seine Techno-Seele blicken und veröffentlicht einige äußerst clubbige Songs. Zum Ende hin wird das Ganze sogar etwas ruhiger und sogar Wave-lastiger. Die erste Hälfte weiß zwar etwas besser zu überzeugen als die zweite, gesamtheitlich betrachtet ist es jedoch ein schön inszeniertes Gesamkunstwerk. Auch wenn die klanglichen Einflüße recht facettenreich sind, lässt sich als Kritik höchstens anmerken, dass sich einige Tracks etwas zu sehr ähneln und vor Allem bei den Techno-Songs die verschrobenen Sequenzen und Vocals etwas dick auftragen. Das sind jedoch an der Stelle nur Kleinigkeiten. Das Album überzeugt tatsächlich auch um einiges mehr als sein Vorgänger und es darf somit nur gehofft werden, dass das Projekt, bei dem Jacky zusammen Damien Vandamme auftritt, auch mal wieder live zu sehen sein wird.
Lieblingstrack: No Apologies
Fazit: 9/10
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