Genre: Post Punk, Ethereal, Dark Wave, Shoegaze, New Wave, Neofolk
Release: 2019
Der kroatische Künstler Domagoj Krsic sollte in Szene-Kreisen mittlerweile kein Unbekannter mehr sein und ist immer für eine neue Überraschung offen. Nicht nur, dass es relativ selten ist, dass elektronische Underground-Releases aus Kroatien stammen, Domagoj bewies nämlich stets auch, dass er extrem breit gefächerte musikalische Ambitionen besitzt. Zu Beginn des Jahrzehnts mit seinem mittlerweile leider bereits aufgelösten Musikprojekt Cyborgs On Crack gestartet wanderte er in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts noch kurzfristig zu Aliasen wie Midget Sings & How Green Is My Touppee. Mit allen Projekten und jedem neuen Release sorgte er für neue, anspruchsvolle sowie verquere Klänge und schaffte es sich auf diese Weise einen Namen in der ambitionierten Newcomer-Welt zu erarbeiten. Sein zweites Hauptprojekt, Mind Teardown, scheint bis dato jedoch das konstanteste und anspruchvollste zu sein. Die drei bisherigen, über dieses Pseudonym veröffentlichten Alben, wiesen allesamt eine gewisse dystopische Cyberpunk-Attitüde auf und orientierten sich an maschinelle Klänge der 1990er. Mit seiner vierten Veröffentlichung Namens Find scheint der Künstler wieder neue Wege zu gehen und einen Schritt in die Cold Wave / Shoegaze-Welt machen zu wollen. Das deutet bereits die verträumte Cover-Optik des Albums an. Das Album erschien kürzlich beim US-Amerikanischen Label Vertex Records digital sowie auf CD und beinhaltet neun neue Tracks mit etwa vierzig Minuten Spielzeit. Als geneigter Hörer darf man also gespannt sein, was Domagoj nun für Einen gezaubert hat.
Mit dem passenden Titel "Introduction" beginnt das Album mit einer weit gezogenen Klangfläche und mystischen Sound Samples im Hintergrund. Weitere LFO-getriggerte String-Pads sorgen für ein melancholisch-melodisches Klangbild. Schrittweise überlagern sich während des gesamten Tracks unterschiedlich atmosphärische Retro-Klänge um das Album einzuleiten.
Richtig los geht es daraufhin mit "Try" und zunächst einigen weiteren sanftmütigen Synth-Strings bis ein klassischer 1980er Beat den Rhythmus vorgibt und sich entsprechende Bass-Synths hinzu gesellen. Ganz im Stile von Joy Division ergänzt Domagoj zusätzlich melancholische Gesangseinlagen, die einem Ian Curtis relativ gleich kommen. Verträumt wird es außerdem noch als der Refrain einsetzt und sich ein weitläufiges Klangbild mit Reverb-lastigen Gitarren-Einlagen breit macht. Der Künstler beweist, dass er nicht nur harte, maschinelle Töne kann und geht einen ganz anderen Weg als bisher bekannt.
Weitere Gitarren-Akkorde ergänzen sich direkt von Beginn an bei "Sea". Diese werden zusätzlich begleitet von jaulenden Synth-Flächen sowie depressiven Gesangseinlagen. Der Track geht schon vermehrt in die Neofolk-Richtung und sorgt für ein trauriges Gemüt. Dies wirkt äußerst authentisch, hat dabei aber nicht mehr viel mit der bekannten Elektronik zu tun. Der Künstler hat sich jedoch überdurchschnittlich viel Mühe für den Gesang gegeben bei diesem Album bisher.
Mit klassischen New Wave-Leads geht es weiter mit "Not A Pineapple". Dieser Song drückt vom Tempo her noch weiter auf die Bremse und kombiniert einen langsamen Beat mit Effekt-behafteten Elementen. Auch die hier eingebrachten Gesänge klingen äußerst depressiv und gehen dabei unter die Haut. An sich wirkt dieser Song jedoch etwas stockend und als Hörer findet man nur schwer hinein.
Percussion-lastiger wird es daraufhin mit "Schockmaster". Die Drum-Elemente klingen schön abwechslungsreich während Lead-seitig wieder vermehrt auf Retrospektive gesetzt wird und düstere Klangflächen für eine traurige Atmosphäre sorgen. Die Gesangseinlagen unterscheiden sich darüber hinaus nicht sonderlich von vorherigen Tracks und wirken hier ebenfalls authentisch.
Auch "Vik" bleibt verträumt und Reverb-lastig. Die Vocals erfahren dabei einen leichten Chorus und klingen etwas dumpf. Die Lead-Synths sind etwas hochtöniger und die Klangflächen werden von Gitarren-Akkorden ersetzt. Ein sehr langsamer Track, der sich nach und nach aufbaut und gemächlich eine volle Farbe entwickelt während komplett auf Drum-Anteile verzichtet wird.
"Liver" macht daraufhin wieder mit bekannter New Wave-Retrospektive weiter, wobei bei den eingebrachten Melodie-Elementen stark mit Pitch-Effekten gearbeitet wird was auf Dauer recht verquer und unharmonisch wirkt. Die Gesänge integrieren sich ebenfalls dezent ins Klangbild und passen sich dem instrumentellen Anteil entsprechend an.
Mit düsteren Pads setzt "On This Bed" von Beginn an, was für etwas wilkommene Abwechslung sorgt. Der Track spannt den Hörer zunächst über lange Zeit auf die Folter und versucht eine gewisse Spannung zu erzeugen. Zusätzlich ergänzen sich noch weitere Klangflächen, die sich tonal gut integrieren. Viel mehr passiert über eine Dauer von knapp sieben Minuten leider auch nicht..
Mit Oldschool-Drum-Elementen im Sisters Of Mercy-Stil macht der letzte Track "Laminae" von Beginn an weiter während verträumte Gitarren-Akkorde und Bass-Synths den Track zu einer Mischung aus Dark Wave und Neofolk werden lassen. Die Gesängen wirken hierbei lediglich wie eine zusätzliche Instrumental-Spur.
Fazit:
Mit Find hat der kroatische Künstler, Domagoj Krsic, tatsächlich mal wieder eine Überraschung parat. Das Album weicht komplett vom bisherigen Mind Teardown-Konzept ab und liefert der Hörerschaft ein lupenreines und sattes Post-Punk / Shoegaze-Album mit Neofolk-Anteilen. Gesangstechnisch und instrumentell klingt das Ganze als wäre es vor drei Jahrzehnten aufgenommen worden und weiß auf Grund der Retrospektive auch über weite Strecken zu überzeugen. Die Musik wirkt äußerst depressiv sowie melancholisch und stirbt streckenweise in seiner verträumten Monotonie. Letzteres ist auch der große Knackpunkt dieses Albums. Die meisten Songs unterscheiden sich über weite Strecken kaum und wirken auch in sich relativ zäh. Dem Album mangelt es größtenteils an Abwechslungsreichtum und als Hörer hofft man insgeheim darauf, dass "alte" Mind Teardown-Attitüden geweckt werden. Die Produktion ist jedoch sehr gelungen und läd zum Träumen und Zurücklehnen ein. Das Ganze klingt interessant und beinhaltet Wiedererkennungswert, liefert jedoch auch nichts Neues.
Lieblingstrack: Try
Bewertung: 7/10
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen