19.09.2019

Numb ‎– Mortal Geometry


Genre: Dark Electro, Electro-Industrial, Dark Techno, Oldschool EBM, Synth Wave, Dark Ambient
Release: 2019

Das hier vorliegende Album stellt wahrlich ein ziemlich überraschendes Comeback eines Musikprojekts dar, welches mittlerweile fast schon in Vergessenheit geriet. Die Rede ist hier von Numb, welche 1987 das gleichnamige Debut-Album mit dem Club-Hit "Lies" veröffentlichte und sich mit ihrem sechsten Studio-Album "Language Of Silence" von der Bildfläche verabschiedete. Der Stil war stets komplex, abwechslungsreich und sorgte mit jedem neuen Album für weitere Überraschungen. Mastermind hinter dem Projekt ist Don Gordon, welcher Ende des letzten Jahrtausends auch mit der New Wave-Formation Images Of Vogue Eindruck schindete. Numb haben sich definitiv als ein Teil des "Vancouver Sound" mausern können und werden oft in einem Atemzug mit Bands wie Skinny Puppy & Front Line Assembly genannt, was sich bei vielen Fans auch bemerkbar machte. Nachdem Don bis zur Jahrtausendwende von unterschiedlichsten Künstlern Live, unter Anderem mit Vocals, unterstützt wurde startet er, um dem Comeback-Trend berühmter Künstler der letzten Jahre fortzusetzen, nach über zwanzig Jahren ein Solo-Comeback mit seinem nun siebten Studio-Album Mortal Geometry. Das renommierte US-Amerikanische Label Metropolis Records hat diesen Braten anscheinend schon von weitem gerochen und veröffentlichte kürzlich diesen Release digital, auf CD sowie auf Vinyl. Das Album enthält zehn neue Tracks, wobei eine Remix-Variante dabei ist, mit knapp einer Stunde Spielzeit. Somit eine Menge Gründe sich dieses Machwerk zu Gemüte zu führen!

Es geht los mit dem Titel "Redact" und anfänglich atmosphärischen Flächen, während nach kurzer Zeit explosive Drumloops sowie verquere Synth-Melodien folgen. Eine düstere Bassline und röchelnde Disto-Vocals begleiten den Hörer während dieser dynamisch anmutenden Electro-Industrial-Nummer. Die Ansätze sind ziemlich cool, die eindringlichen Leads wirken jedoch etwas kontraproduktiv. Ein künstlerischer Mehrwert ist bei diesem Song jedoch deutlich vernehmbar.
"Hush" setzt weiter an mit düsteren Sci-Fi-Klängen und Techno-lastigen Beats. Hinzu kommen noch sphärische Synth-Einlagen und imposante Effekte. Schrille Lead-Sequenzen tragen Reverb-lastig ebenfalls noch zum leicht verstörenden Klangbild bei. Die Vocals werden dabei klar gesprochen und enthalten kritische Lyrics. Ein äußerst interessantes Zusammenspiel unterschiedlicher Klangfacetten, welcher sogar einige Synth Wave-Anteile enthält.
Daraufhin folgt mit "Complicit Silence" eine deutlich treibendere Nummer, die auf Grund der einschlagenden Drumbeats eine große Club-Tauglichkeit aufweist. Die dunklen Synth-Einlagen sowie verspielte Hauptsequenz tragen ziemlich gut zum Gesamtmix bei. Vocals wissen dabei passend zu begleiten. Einige Effekte zwischendurch runden den Song noch etwas weiter ab und im Großen und Ganzen bekommt der Hörer einen sehr einfallsreichen Gesamtmix einer coolen Nummer, welche an die frühen Tage erinnert, zu hören.
In Begleitung von der Vietnamesin Khuyet Danh (was wohl daran liegt, dass Don Gordon seit zwei Jahrzehnten in Vietnam lebt) geht es weiter mit "The Waiting Room". Dieser beginnt zunächst mit düsteren Klangflächen und gruselig anmutenden Melodien, während choral nachhallende Gesänge sich passend dazu ergänzen. Der langsame Beat und die bedrohlich anmutende Bassline kommen stark zur Geltung und sorgen außerdem dafür, dass der Song von Beginn an unter die Haut geht. Eine äußerst sphärische Dark Techno-Nummer, welche ein anmutiges Klangbild abliefert und zur Mitte hin vollends explodiert.
Experimentell geht es mit "How It Ends" und komplexen Drum-Beats weiter. Nach kurzer Zeit entpuppt sich diese Sound-Mixtur als eine fein abgemischte Dark Electro-Nummer mit imposanten Effekten, sphärischen Pads, angenehm gesprochenen Vocals sowie düsteren Bass-Synths. Als dann noch zur Mitte hin orchestrale Anteile den Track harmonisch begleiten, entfaltet sich dieser zu seiner vollen Größe. Sehr schöne Nummer!
"Summer Lawns" beginnt mit ambient, sphärischen Klängen und experimentellen Effekten, die im Hintergrund verhallen. Diverse Zisch-Laute überlagern sich mit melodiösen Synth-Flächen, die vereinzelt zur Geltung kommen. Doch auch hier trügt der Schein, denn nach ca. der Hälfte explodiert der Song förmlich mit einer EBM-lastigen Bassline sowie straighten Drumbeats und sorgt dabei dafür, dass kein Bein auf dem Boden bleibt. Dies kommt sehr imposant umgesetzt zur Geltung, verschwindet jedoch genau so schnell wie es angefangen hat.
Weiter geht es mit "When Gravity Fails" und verspielten Synth-Sequenzen, bei denen ordentlich an der Resonanz geschraubt wurde während ein clubbiger Beat den Hörer zum Tanz auffordert. Die Nummer weitet das eigene Arrangement Stück für Stück weiter aus und experimentiert hierbei ebenfalls mit unterschiedlichen Synth-Einlagen und coolen Sequenzen. Auch die Vocals passen gut zu diesem Oldschool EBM-Song dazu.
Mit über neun Minuten beginnt der längste Album-Track "Shadow Play" und bringt einige Synth Wave-lastige Sequenzen zur Geltung. Darüber hinaus verhallen diverse Effekte im Hintergrund und werden von einzeln einsetzenden Piano-Melodien begleitet. Der Track bäumt sich streckenweise immer weiter auf und setzt mit einigen ambienten Pads nach. Hinzu kommen noch leicht verzerrte Gitarren-Elemente sowie weitere Melodie-Anteile. Prinzipiell ist der gesamte Song ziemlich monoton, jedoch atmosphärisch und liefert hier und da einige klangliche Raffinessen.
Mit dem eigentlich letzten gleichnamigen Album-Track schließt das Album mit einer Sci-Fi-lastigen Klangumgebung ab. Der Track entpuppt sich auf Grund seiner organisch überlagernden Vielfalt als experimentelle Dark Ambient-Nummer, bei der wirr mit Synth-Elementen gespielt wurde. Das Ganze ist jedoch hörbar und sehr gut abgemischt.
Fans dürfen sich noch zum Schluß auf eine gesonderte Creation To Negation-Variante von "Hush" freuen, welche gefühlt etwas atmosphärischer und weniger Club-tauglich wirkt.

Fazit:
Es war zu erwarten, dass das nach einer Wartezeit von über zwanzig Jahren erscheinende Comeback-Album von Numb deutlicher moderner klingen wird als vergangene Werke. Doch das stellt auch nicht die Messlatte eines guten Albums dar. Mortal Geometry zeigt deutlich zu welcher Klangvielfalt Don Gordon fähig ist und beinhaltet eine Vielzahl verschiedener Stilistiken, welche sowohl Anteile vergangener Releases beinhaltet als auch völlig neue Facetten zur Geltung bringt. Während anfängliche Tracks recht Electro-Industrial-lastig, jedoch teilweise gewöhnungsbedürftig, klingen, entpuppt sich das komplette Album zur Mitte hin deutlich clubbiger und komplex Dark Electro-lastig, während gegen Ende noch eine ordentliche Portion Oldschool EBM sowie zuletzt ambiente Songs das Album abschließen. Auf dem siebten Album-Release von Numb ist wirklich alles geboten, so dass sich Hörer hier auf ein sehr kreatives und einfallsreiches Machwerk freuen dürfen. Darüber hinaus ist der Gesamt Mix ziemlich gut, denn das Album wurde von keinem geringeren als Eric Van Wonterghem gemastered. Kritik kann man dahingehend äußern, dass einige Songs etwas disharmonisch klingen und verquere Tonfolgen zulassen, andere wiederum sind etwas zäh und zu sehr in die Länge gestreckt. An sich bekommt man als Hörer aber ein wirklich gutes Numb-Album in welches jeder geneigte Fan gerne mal hinein hören sollte.

Lieblingstrack: When Gravity Fails

Bewertung: 9/10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen