Genre: Industrial, Oldschool EBM, Electro
Release: 2019
Homepage: https://www.facebook.com/Kangarot/
Es gibt dieser Tage schon eine Menge nennenswerter, kreativer Künstler. Doch viele bleiben nach wie vor Unbekannt oder halten sich im Underground auf. Kangarot ist ein bereits seit Anfang diesen Jahrzehnts bestehendes, elektronisches Musikprojekt von Josh Reed, welcher in Asheville, North Carolina, ansäßig ist und sich gerne auf verquere Art und Weise präsentiert. Das spiegelt auch seine bisherige Schaffenskraft wieder, welche einen Mix unterschiedlicher alter und moderner Stilistiken mit technoidem Ambiente und Cyberpunk-Attitüden kombiniert und dadurch auf diese Art und Weise sein ganz eigenes Klangbild erschuf. Josh Reed schlägt einen ähnlichen Weg ein, wie es bereits der kroatische Künstler Domagoj Krsic mit Cyborgs On Crack / Mind Teardown vorgemacht hat und veröffentlichte bereits vier Alben, die allesamt sehr unterschiedlich und experimentell ausfallen und dennoch eine retrospektivische Präsenz an den Tag legen. Nach wie vor ist der Künstler vor Allem hier zu Lande noch recht unbekannt, auch wenn sein bereits fünftes Studio-Album mit dem charmanten Titel The Demon-Haunted World kürzlich veröffentlicht wurde. Dieses erschien sowohl digital via Bandcamp und kann von Tape-Freaks ebenfalls als Kassette erworben werden. Darauf befinden sich zwölf neue Tracks mit einer Spielzeit von knapp fünfzig Minuten und wurde unter eigener Hand veröffentlicht.
"Strepitus" leitet ein einminütiges Intro ein, auf welchem man mit starkem Delay und Reverb versehene Sprach- und Soundsamples hören kann, die für eine beklemmende Atmosphäre sorgen.
Daraufhin beginnt mit "Pale Blue Dot" der eigentlich erste Track des Albums und setzt sich zunächst aus abwechslungsreichen Percussion-Elementen sowie sequenziellen Spielereien zusammen. Das Ganze klingt schon sehr Oldschool-lastig und erinnert in seiner dargebotenen Form etwas an Clock DVA und The Klinik. Die Stereo-Effekte sowie melancholische Tonalität der effektreich umgesetzten Sequenzen und auch die ab und an aufkommenden Shouts machen eine Menge her und schaffen so ein düsteres Klangbild.
Mit kritischem Zeigefinger auf die Menschheit geht es weiter mit "Xenophobic Scum". Eine Nummer, die mit einer rapiden Bassline und einigen variationsreichen Speech Samples nach vorne drischt. Die straighten Drumbeats, ebenso die verspielten Synth-Anteile laufen gut ineinander über und auch die verschrobenen Vocals, welche an Mentallo & The Fixer erinnern kommen gelungen durch. Ein äußerst schräger und experimenteller Track, welcher recht grob inszeniert wurde.
Mit klaren Bass-Synths legt "Function" nach. Das klingt in seiner dargebotenen Form zunächst etwas disharmonisch und minimalistisch. Die sich eingliedernden Bass-Anteile wissen auch nur versetzt und leicht unkontrolliert in den Track hinein zu finden, während wild mit unterschiedlichen Synth-Tönen gespielt wird ohne, dass dabei eine klare Linie entsteht. Experimentierfreude wird auch hier wieder groß geschrieben, leider etwas schwer verdaulich das Ganze.
Der gleichnamige Albumtrack setzt daraufhin mit straighteren Drums und verspielten Percussions an, während ambiente Lead-Synths für melodiöse Anteile sorgen. Eine darauf aufbauende Bassline schafft noch ein verschrobenes 1980s Klangbild, welches streckenweise sehr eingängig wirkt, auf der anderen Seite jedoch leider auch schnell untergeht.
"The Dragons Of Eden" besitzt hingegen von Anfang an einen etwas gesünderen Flow, wobei sich hier stark auf die Bass-Sequenzen konzentriert wird und die Drumbeats ihr Arrangement nach und nach aufbauen. Erinnert in seiner dargebotenen Form wieder leicht an The Klinik oder frühe FLA Tracks und schafft somit eine äußerst verträumte sowie melancholische Grundstimmung.
Der darauf folgende "Pioneer Plaque I" drückt etwas auf die Bremse und liefert ein gemächliches Klangbild bestehend aus einigen voluminösen Sequenz-Anteilen, einfach gestrickten Drums und lang gestreckten Lead-Synths. Ein entspannter Downtempo-Track zum Zurücklehnen. Auch hier spielen wieder unterschiedliche Facetten mit ein, die das Arrangement interessanter wirken lassen.
Der Track "Control Art Delete", mit Anspielung auf eine Computer-Tastatur, wirkt zunächst sehr verschroben und beinhaltet stark vezerrte Synth- und Drum-Anteile sowie röchelnde Vocals. Das klingt zunächst spannend, wird jedoch relativ schnell schwer hörbar. Eine experimentelle Industrial-Nummer, die einen eigensinnigen Stil besitzt.
Mit "Faith Healer / Death Dealer" kann sich der Hörer auf den längsten Track des Albums einstellen. Dieser setzt zunächst auf Delay-behaftete Drum-Anteile, experimentelle Synth-Elemente die wohl noch nicht so richtig wissen wohin mit sich und scharfe Leads. Das Ganze präsentiert sich recht monoton, baut jedoch im Arrangement immer weiter auf, so dass am Ende ein interessantes Gesamt-Konstrukt entsteht. Ein etwas flüssigerer Gang wäre jedoch entspannter gewesen.
"Blood In The Oil" legt mit knallharten Industrial-Drums nach. Diese kommen sehr direkt zur Geltung und lassen nicht viel Spielraum zu. Eine etwas anstrengende Industrial-Nummer in experimenteller Inszenierung, vor Allem bezüglich der integrierten Samples.
Der darauffolgende "Mass Driver" wirkt in Anbetracht ambienter Synth-Pads und gemächlicher Bassdrum-Elemente deutlich entspannter. Dadurch wird der Hörer ebenfalls über lange Zeit auf die Folter gespannt. Nach einer Minute entsteht etwas mehr Variationsreichtum als hochtönige Melodien und ausschweifende Leads den Track etwas abrunden.
Den Abschluß dieses konfusen Albums macht noch "Pioneer Plaque II" mit einigen penetranten Lead-Synths und verdammt verqueren Sequenzen. Ein ebenso eigensinniger Track wie das gesamte Album.
Fazit:
Josh Reed liefert mit seinem Projekt Kangarot und dem nunmehr fünften Studio-Album ein wirklich eigensinniges Gesamtwerk ab. The Demon-Haunted World beinhaltet eine Menge Experimentierfreude und verspielte Effekt-Hascherei. Dabei wird weniger auf einen guten Mix und viel mehr auf ein verstörendes Klangbild geachtet, welches im weiteren Verlauf des Albums immer deutlicher hervor sticht. Während anfängliche Tracks noch einen guten Spagat zwischen Oldschool EBM und Dark Electro machen, besteht die zweite Albumhälfte viel mehr aus ambientem Experimental und verschrobenem Industrial. Das Album ist trotz des gemächlichen Tempos generell etwas unruhig in seiner Grundstruktur und wirkt streckenweise auch nicht ganz harmonisch. Ein künstlerischer Mehrwert ist klar zu erkennen, jedoch wird es dem Hörer oft nicht einfach gemacht sich hinein zu hören. Freunde von Hardware Synth-Spielereien können mit diesem Album ihre Freude haben, wer jedoch ein schönes Gesamtwerk für längere Autofahrten sucht ist hier leider fehl am Platz.
Lieblingstrack: Pale Blue Dot
Bewertung: 6/10
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