Genre: Dark EBM, Electro-Industrial, Harsh Electro
Release: 2019
Homepage: https://de-de.facebook.com/lucifersaid/
Der aus Stockholm in Schweden stammende Sympathisant Carl Nilsson ist ein begnadeter Künstler an den Maschinen und konnte sich durch seine in kürzester Zeit aus dem Boden sprießenden Veröffentlichungen sowie einiger Live-Auftritte schon eine ordentliche Fanbase aufbauen. Zur Mitte diesen Jahrzehnts startete er zunächst mit dem Projekt The Operating Tracks, welches lediglich zwei Single-Auskopplungen verzeichnen durfte bevor es spurlos verschwand. Doch mit Lucifer's Aid startete er einen ziemlich schnellen Durchbruch und veröffentlichte unermüdlich jedes Jahr ein Album nach dem anderen, wobei das letztjährig erschienene Reconstruction eher als eine Art Neu-Aufbereitung ausgewählter Tracks der ersten beiden betrachtet werden kann. Mit Progress Production hat er zugegebenermaßen auch einen ziemlich starken Label-Partner, im Hintergrund agierend, an seiner Seite. Nun kurz vor Ende diesen Jahrzehnts erscheint mit Panic sein neuestes Gesamtkunstwerk und beinhaltet zehn neue Tracks mit einer Gesamtspieldauer von etwa vierzig Minuten. So schlicht wie der Albumtitel auch wirken mag, so schlicht mutet auch das schwarz gehaltene Album-Cover an. Die Kombination aus diabolischer Grundsubstanz in maschineller Klangvielfalt umhüllt steht dem Künstler, dessen Klangtiefe besonders an belgische Künstler wie Dive & Vomito Negro erinnert, recht gut. Musikalisch ließ sich dies stets als Mischung elektronisch dunkler Sub-Genre ganz gut beschreiben, welches dennoch seinen eigenen Wiedererkennungswert nach außen trägt. Zeit das Album mal genauer unter die Lupe zu nehmen!
Noisig krachig geht es los mit "Slip Away" bis nach kurzer Zeit eine düstere Bassline für ein vertraut dunkles Ambiente sorgt, während einige zischende Leads und spannungsgeladene Sequenzen sich noch hinzu ergänzen. Dunkle, klar gesprochene Vocals verstärken die beklemmende und dichte Atmosphäre noch weiter. Der Track baut sich stückweise auf indem zu den straighten Beats weitere Drum-Anteile arrangiert werden. Eine starke und tief greifende Dark EBM-Nummer, die Lust auf mehr macht.
Tribal-lastig geht es weiter mit "Not Meant To Be". Dies wird vor Allem in Anbetracht der schweren und Percussion-lastigen Drum-Beats deutlich. Hinzu kommen noch Bass-lastige Synths und einige verspielte Leads, welche die tief-dröhnend verkopfte Stimmung noch weiter verdeutlichen. Die Distortion-lastigen Vocals tragen ebenso noch dazu bei, dass der Song einen rauhen Ausdruck erfährt. Eine äußerst kreative Nummer mit einer Menge Spielraum zur freien Eigeninterpretation.
"Discipline" beginnt mit schnell sequenzierter Rhythmik und einigen Harsh Electro-Anteilen, die in ihrer Aufbereitung streckenweise etwas an Suicide Commando erinnern. Die grob verzerrten und dennoch verständlichen Vocals sowie das gelungen ineinander agierende, komplexe Klangbild wissen über weite Strecken zu gefallen und sorgen für eine treibende Grundstimmung. Eine voluminöse Surround-Vielfalt unterschiedlich ineinander greifender Klänge in gut abgestimmter Frequenzlage.
Weiter geht es mit "Too Blind To See" und einer zunächst experimentellen Klangkonstruktion bestehend aus Industrial-lastigen Noise-Anteilen sowie melodiösen Sequenzen. Der Track überrascht durch einen leichten Synth Pop-Touch und Vocoder-lastigen Gesängen. Clubbige Beats begleiten diese eingängie Nummer. Musikalisch ist der Gesamtmix jedoch ein wenig zu viel des Guten und überlagert eine Menge unterschiedlicher Stilistiken und Klanganteile, so dass es dem Hörer schwer zugänglich gemacht wird den Song zu ergreifen.
EBM-lastig wird es wiederum von Beginn an mit "Slow Death". Der Fokus liegt hierbei ganz klar auf der brachialen Bassline und den Tribal-lastigen Drumbeats, dessen Rhythmik sich Schritt für Schritt aufbaut. Noisig verzerrte Vocals verstärken die düstere Atmosphäre und ergänzen sich zeitlich gekonnt hinzu. Zusätzliche Sequenzen und Industrial-Effekte sorgen zwischenzeitlich noch für ein wenig Abwechslung in diesem konstruktiv, destruktiven Song.
Tanzbar krachig legt "Victims" noch einen drauf. Fette, straighte Drumbeats und maschinelle Sequenzen sorgen in Kombination mit rauhen Vocals für eine geniale Sound-Kulisse. Hinzu ergänzen sich noch einige Glitches und experimentierfreudige Noise-Anteile. Die Vocal-Shouts kommen hier auch wirklich genial rüber und alles in allem ist dieser Track eine durchgängig runde Sache, welche auf ganzer Linie zu überzeugen weiß!
"Agitate" beginnt mit zurückhaltenden Sequenzen und einigen tonal verspielten Anteilen. Die Bassline hat hier etwas Acid-lastiges, während die Vocals mit einigen stärker anhaltenden Effekt-Anteilen in den Vordergrund geraten. Der Track baut sein Arrangement schrittweise weiter auf indem melodische Sequenzen und immer dicker auftretende Beats den Track umhüllen. Ebenfalls eine imposante Nummer.
Darauf folgt mit "Suffocate" eine Nummer mit fülligem Klangbild, welche sich nach anfänglichen Leads mehr zu einer straighten Dark EBM-Nummer entfaltet und überaus fette Drumbeats mit genial inszenierten Bass-Sequenzen kombiniert. Der Track strahlt eine Menge dunkle Atmosphäre aus, was mit den düsteren und ebenfalls genial inszenierten Vocals zusätzlich stark zum Ausdruck gebracht wird. Die Bell-Klänge zur Mitte hin wirken zwar etwas schräg, alles in allem liefert der Track echt eine Menge Feuer!
Das Album lässt einem keine Zeit zum Durchschnaufen und liefert daraufhin auch mit "Polarized" eine treibende Nummer ab, welche jedoch deutlich Industrial-lastiger ausfällt und auch hier wieder einige Harsh Electro-Anteile bereit hält. Stark verzerrte Synth-Elemente und ebenso verzerrte Vocals werden experimentell zusammengesetzt und lifern auf diese Weise leider ein streckenweise etwas anstrengendes Klangbild.
Dieses abwechslungsreich inszenierte und gelungene Machwerk verabschiedet sich daraufhin noch mit dem rhythmisch verspielten "Backlash", welcher wieder einige dunkler Synth-Anteile, verzerrte Vocals und verquere Effekte bereit hält. Auch hier ist das Ganze streckenweise etwas zu viel des Guten, auch wenn der kreative Anspruch als recht hoch eingeschätzt werden darf.
Fazit:
Carl Nilsson scheint sich tatsächlich mit jedem weiteren Album zu steigern, was auch aus diesem Lucifer's Aid Release deutlich hervor geht. Selten waren vierzig Minuten abwechslungsreicher und interessanter umgesetzt wie es Panic hier zur Geltung bringt. Das Album schafft es, dass man jeden Track aufmerksam von Anfang bis Ende verfolgt und die gelieferte Klangvielfalt auf sich wirken lässt. Die Mischung aus Dark EBM, Industrial & Harsh Electro weiß über weite Strecken zu gefallen, so dass Freunde der düsteren belgischen Klangschule bei dieser schwedischen Auskopplung ihre pure Freude haben werden. Bis auf wenige Ausnahmen sind die meisten Tracks genial inszeniert und liefern ein voluminöses Klangbild. Einzig die etwas verqueren Stücke wissen streckenweise nicht so zu gefallen, haben jedoch ebenfalls ihre Daseinsberechtigung. Was hier vor Allem auffällt ist, dass trotz der verzerrten Anteile eine wirklich gelungene Abmischung Geltung kommt. Tolles Album, bitte mehr davon!
Lieblingstrack: Victims
Bewertung: 9(,5)/10
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