12.12.2019

Tension Control - Fortschritt durch Technik


Genre: EBM
Release: 2019

Es gibt eine Menge EBM-Bands heut zu Tage und es fällt vielen nicht leicht als solche noch heraus zu stechen, denn vieles wurde bereits mehrfach gehört und auch durchgekaut. Jedoch gibt es nach wie vor eine starke Fan-Gemeinschaft, welche sich immer wieder über neue Acts erfreut selbst wenn diese das Rad nicht neu erfinden. Der aus Norddeutschland stammende Sympathisant Michael Schrader legte in den letzten beiden Jahren eine steile Erfolgskarriere mit seinem Projekt Tension Control ab. Nach seinem Debut-Album Im Rhythmus Der Maschinen vor zwei Jahren, welches klassischen Oldschool / Anhalt EBM im deutschen Stil liefert, kamen eine Menge vielversprechender Anfragen zu diversen Auftritten sowohl auf den großen als auch auf den kleinen Bühnen. Der Künstler durfte Bands wie DAF, Front Line Assembly & Die Krupps supporten und sich auf diese Weise auch eine Menge Respekt verschaffen, auch wenn das Album selbst noch in EBM-Kinderschuhen steckte. Mit dem nächsten plakativen Titel Fortschritt Durch Technik ist nun kürzlich auch die zweite Auskopplung, abermals bei Brandsatz Records, erschienen und beinhaltet zwölf neue Tracks mit einer Gesamtspielzeit von knapp über vierzig Minuten. Dieses liefet Michael Schrader freundlicherweise sogar mit dem Beisein einer schicken schwarzen Tension Control-Tasse, was ebenfalls eine äußerst freundliche und liebevolle Geste darstellt. Somit wird es Zeit sich auch dieses Machwerk mal genauer anzuhören.

Mit dicken Bass-Synths und leicht quietschenden Sequenzen geht es tosend los mit dem ersten Titel "Go For Gold", welcher darüber hinaus noch schwere Drumbeats und ein straightes Arrangement liefert. Zusätzlich ergänzen sich klassische EBM-Vocals hinzu, die diesen etwas gemächlicheren Track abrunden. Technisch ist der Song streckenweise jedoch etwas überkomprimiert, so dass im Zusammenspiel einzelner Elemente ein leichtes Pumpen wahrzunehmen ist, was die Sache dadurch leider etwas träge erscheinen lässt.
Deutlich dynamischer und energischer wird es daraufhin mit "Digitaler Bürgerkrieg". Nachdem eine flippige Bassline den Ton angibt, regen rapide Drumloops zum Tanz an. Die Tonalitäten sind sehr schön gewählt und das instrumentale Zusammenspiel weiß durchgehend zu gefallen. Auch die gesellschaftskritischen Lyrics sowie die passend einsetzenden Vocals machen eine Menge her. Ein durch und durch gelungener EBM-Track mit einer Liebe fürs Detail von Anfang bis Ende, so muss das!
Der gleichnamige Album-Track beginnt daraufhin mit dezenten Bass-Sequenzen und gekonnt einsetzenden dicken Drum-Elementen. Der Track fetzt von Beginn an und überzeugt durch abwechslungsreiche Klangfarben sowie schöne Sequenz-Filter. Auch hier sind die klassischen EBM-Lyrics wieder ein tragendes Bindeglied des Gesamtkonstrukts und sorgen durch den klassischen Einsatz von Vocals dafür, dass auch diese Nummer von Grund auf Hand und Fuß besitzt und zu gefallen weiß. Sehr schön!
"The World Is Going Down" beginnt mit zischenden Synths und einer abermals dicken Bassline, welche gut sitzt. Hier kommt eine Menge Volumen zur Geltung, welche in Kombination mit straighten Drumloops sowie verspielten Effekten den Hörer ziemlich schnell einzunehmen weiß. Auch die englischen Lyrics stehen dem Projekt gut und Michael Schrader kann durch stimmliche Rauhheit durchgehend überzeugen. Ebenfalls ein toller Song.
Der darauf folgende "Big Black Boots" wurde bereits als Single veröffentlicht und stellt eine klassische EBM-Nummer dar mit hin und her springenden Synth-Bässen sowie abwechslungsreichen Drum-Sequenzen. Die Vocals kommen auch hier wieder dunkel und mit passend gewählten Lyrics zur Geltung. Ein flippiger Track, der an manchen Punkten recht dick aufträgt, jedoch nicht unangenehm wirkt.
Weiter geht es mit "Liebe statt Krieg" und einer einfach gehaltenen Bassline in Kombination mit dick in Erscheinung tretende Drum-Loops. Die Lyrics erschienen hier sehr stark an DAF, während die Vocals hauptsächlich gesprochen werden. Diese Nummer ist durchgehend monoton, so dass man als Hörer hier etwas Abwechslung vermisst. Eine nette Filler-Nummer, die leider nicht ganz zünden will.
Mit kritischem Ansatz setzt daraufhin "Brexit! Implosion Initialised" an, welcher zunächst einige Sprach-Samples zur Geltung bringt sowie auch ein überaus schön anzuhörendes Zusammenspiel aus Bassline und Drumloops. Neben den Samples setzt Michael mit gut integrierten Vocals an und schafft so eine beklemmende Atmosphäre in eine straighte EBM-Nummer zu packen. Ein äußerst kreativer Track, der einige feine Spielereien bereit hält.
"Deine blauen Augen" beginnt zunächst zögerlich, liefert nach kurzer Zeit jedoch eine flippige Bassline und abermals tanzbare Beats. Mit leicht plakativen Lyrics sowie einigen Synth-Spielereien wird der Track mit einigen Wave-Ansätzen fortgeführt und beinhaltet ein hohes Maß an Variationsreichtum. Coole Nummer, die Spaß macht.
Der Titel "D.A.F. ist ewig" drückt eigentlich bereits den kompletten Track-Inhalt aus, hier werden unterschiedliche Synth-Sequenzen mit atmosphärischen Pads kombiniert und so eine ambiente Stimmung erzeugt. Sehr schön gespielte Drum-Elemente inklusive einiger Reverb-Anteile ergänzen sich noch wunderbar ins Arrangement. Eine feinfühlig ausgeklügelte Nummer, die für eine wohlige Wärme sorgt.
Daraufhin geht es mit dunklen Bass-Synths und "It Doesn't Work" weiter ans Eingemachte. Die Drums kommen hier stark zum Tragen und liefern leichte Breakbeat-Ansätze. Auf diese Art und Weise erinnert die Nummer an Nord-Amerikanischen EBM-Stil und liefert eine Menge tonale Abwechslung. Die Vocals kommen ebenfalls stark und Alles in Allem ist der Track eine runde Sache.
"Make E.B.M. Great Again" lautet der Titel der nächsten Nummer und schwurbelt zunächst einige Synth-Klänge eine Minute lang hin und her. Zögerlich setzen dann einige Sequenzen und eine dicke Bassline an. Die Drums kommen hier etwas minimalistisch zum Tragen, entfalten sich jedoch weiter durch gekonnten Variationsreichtum. Das Arrangement baut sich streckenweise immer besser zusammen und sorgt auf diese Art und Weise dafür, dass die Nummer immer mehr an Fahrt gewinnt. Parolen-artige Vocals sorgen noch dafür, dass der eher gemächliche Track seinem Titel gerecht wird.
Den Abschluß macht noch "Love Me Two Times" mit verspielten Synth-Ansätzen und überraschenden Rock'n Roll-Ansätzen. Ach die Tonalitäten fallen hier etwas anders und streckenweise schriller aus. Die Vocals sind gut gewollt, finden jedoch nur schwer in den Gesamtmix hinein. Man wird dabei auch das Gefühl nicht los, dass diese Nummer etwas an neuere Nitzer Ebb-Tracks orientiert ist, aber nicht so leicht ins Rollen kommen möchte. Netter Versuch, steht dem Projekt jedoch eher weniger.

Fazit:
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Tension Control sich mit dem hier vorliegenden Album weiterentwickelt hat und auch musikalisch einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat. Live war Michael Schrader bereits schon sehr erfolgreich, allerdings konnte das Debut-Album nicht ganz überzeugen. Ganz anders jedoch Fortschritt Durch Technik. Jeder Track beinhaltet einen eigenen starken Charakter und der Künstler beweist, was er alles auf dem Kasten hat. Die Tonalitäten gewählter Synths sind schön anzuhören und auch die Spielerei mit den Filtern und Sequenzen weiß durch und durch zu gefallen. Das Ganze harmoniert sehr gut. Einige Titel klingen im Gesamtmix zwar etwas überkomprimiert, allerdings ist das Mixing auf dem gesamten Album durchgehend überzeugend. Stilistisch experimentiert er hier auch und sorgt so für ein hohes Maß an Abwechslung. Ob der ein oder andere Titel mal mehr, mal weniger zündet bleibt jedoch Geschmackssache. Alles in Allem ein solides und durchaus gutes EBM-Album! Zugreifen lohnt sich.

Lieblingstrack: The World Is Going Down

Bewertung: 8(,5)/10

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