Genre: Synth Pop, Cold Wave, Synth Wave, EBM, Minimal Electro
Release: 2020
Homepage: http://www.celluloide.online.fr/
Die Band Celluloide stellt mittlerweile ein wahres Urgestein der modernen, französischen Cold Wave Szene dar und veröffentlichte jüngst nach einiger Zeit der Abstinenz nun mit etwas Überraschung ein neues Album. Das Projekt setzt sich aus den beiden im Hintergrund agierenden Protagonisten Patryck Holdwem & (the artist formerly known as) Member U-0176 sowie der hübschen französischen Sängerin Dark Leti zusammen. Das Trio konnte bereits von Beginn des Jahrtausends an mit ersten Releases die Herzen von Electro Pop- & Wave-Fans höher schlagen lassen und ließ für fortlaufende Album-Veröffentlichungen immer einige Jahre verstreichen. Die Band verstand es stets stilitsisch abwechslungsreiche Elemente aus Cold Wave, Synth Pop & EBM zu kombinieren und dadurch einen ganz eigenen Wiedererkennungswert zu erlangen. An Hand dieser einfallsreichen Besetzungskombo werden Parallelen mit den seit zwei Jahren aufblühenden Rue Oberkampf deutlich. Doch das letzte Album "Art Plastique" liegt nun auch schon sechs Jahre in der Vergangenheit, was bisher die längste Zeitspanne darstellte. Nun ist mit Futur Antérieur jedoch Konzept-Album Nummer sechs entstanden, welches traditionell über das französische Label BOREDOMproduct sowohl auf Vinyl, CD als auch digital veröffentlicht wurde. Die Band bleibt ihrem Stil treu und liefert auch mit der dargebotenen Cover-Optik ein steriles weiß mit plakativ geometrischen Formen und minimalistischem Ambiente. Desweiteren dürfen sich Fans bei diesem Album auf zehn neue Songs mit einer Gesamtspieldauer von knapp vierzig Minuten freuen. Man darf gespannt sein!
Der erste Track nennt sich "Boucle Infinie" und beginnt zunächst mit einigen quietschigen Tönen, bevor des Weiteren verspielte Sequenzen und minimalistische Drumloops ansetzen und daraus einen vertraut poppigen Song formen. Die französischen, weiblichen Gesangseinlagen kommen sehr schön und Reverb-lastig zur Geltung. Der Track liefert einen relativ technoiden Album-Einstieg mit abwechslungsreicher Tonalität, dies wird vor Allem in Anbetracht der wechselnden Synth-Flächen recht deutlich. Ein schöner Mix und ein für die Band typisches Klangbild.
Auch der darauf folgende "Si Tu Renonces" beginnt mit einigen Glitches und technoid quietschenden Geräuschen bis nach kurzer Zeit eine dicke EBM-Bassline und clubbige Beats den Ton angeben. Die Gesänge kommen rhythmisch gut getimed zur Geltung, daüber hinaus überlagern einige verspielte Leads und melodiöse Einlagen das Gesamtbild. Ein imposantes Klangkonstrukt mit eigenständiger Dynamik, jedoch streckenweise etwas zu penetrant in Erscheinung tretende Mitten. Die Stereo-Effekte machen jedoch eine Menge her.
Weiter geht es mit "Le Cité Des Aveugles" und eigensinnigen Sequenz-Spielereien. Auch hier stechen vor Allem Bass-lastige Synths sowie gut ansetzende und abwechslungsreiche Club-Beats hervor. Die schöne Stimme von Dark Leti kombiniert dabei unterschiedliche Facetten weitläufiger Gesänge und spielt mit wohl klingenden Chorus-Effekten. Zudem kommen noch verträumte Synth-Pads und improvisatorische Elemente zum Tragen. Eine coole Nummer, die durchgehend zu überzeugen weiß und einige klangliche Überraschungen bereit hält.
Mit sequenziellen Leads und detuneten Glitches setzt "Compte Les Ombres" etwas verquer an. Minimalistische Synth-Klänge und Drum-Elemente sorgen in Kombination mit verträumten Gesangseinlagen für eine schöne und anmutige Minimal Electro-Nummer. Zum Mittelteil hin wirkt vieles jedoch leider etwas abgehakt und auch die eindringlichen Leads tragen etwas zu dick auf. Das Ganze präsentiert sich jedoch sehr experimentierfreudig, hätte jedoch mehr Entfaltungspotenzial gehabt.
"Modulation De Fréquence" beginnt mit weitläufigen Synth Wave-Flächen und einigen Vocal Samples. Ein schöner Synth Pop Beat und eine sich passend hinzu ergänzende Bass-Line sorgt mit melodiösen Spielereien jedoch für eine wohlig klingende und schön zusammenhängende Nummer. Dabei handelt es sich um einen reinen Instrumental-Track, der trotz fehlendem Gesang ein angenehm klangliches Gesamtbild liefert.
Die zweite Hälfte beginnt mit "Quelque Chose S'efface" und etwas düsterer Tonalität. Ausschweifende Synth Wave-Flächen sowie eine mysteriöse Bassline sorgen mit knalligen Beats für eine tanzbare, dunkle Nummer. Die Gesangseinlagen wurden hierbei noch mit einigen Effekten behaftet und klingen deutlich kälter als in vorherigen Songs. Der Track arrangiert sich mit der Zeit durch unterschiedliche Elemente und liefert einen imposanten Gesamt-Mix.
"Poéme Mecanique" beginnt wie der Name schon andeutet recht technoid und liefert mit straightem Beat sowie einigen Bass-Synths etwas mehr EBM. Der Gesang kommt deutlich und kalt zum Tragen, beherbergt jedoch auch einiges an Melancholie. Zur Mitte hin gewinnt der Song etwas Abwechslung durch schöne Melodien, sphärische Flächen und verspielte Effekte. Auch schön.
Mit "Tant De Place" wird wiederum die Minimal Electro Schublade aufgemacht. Eigensinnige 8-Bit-Melodien, dezente Bass-Synths, clubbige Beats und sequenziell verquere Lead-Elemente sorgen in Kombination mit sporadisch ansetzenden Gesangs-Einlagen für eine runde Nummer. Der Song arrangiert sich eigenwillig und eigensinnig, erreicht den Hörer jedoch leider nur marginal.
Etwas sphärischer wird es daraufhin mit "Ta Main Se Glace" bei welchem hochtönige Bell-Klänge und weitläufige Klangflächen sich nach und nach aufbäumen. Die Nummer nimmt daraufhin gemächlich Fahrt auf mit einfach gestrickten Breakbeats und Bass-lastigen Einlagen. Gesanglich kommt das Ganze sehr melancholisch und introvertiert zur Geltung und spielt hier ebenfalls noch mit einigen Effekten. Schöner Track!
Das solide Album endet sodann auch mit dem gleichnamigen Album-Track und einer etwas komplexeren, technoiden Klanggestaltung sowie sphärisch verträumtem Gesamteindruck. Eine ebenfalls, verspielte und experimentierfreudige Nummer, welche sinnbildlich zum Album passt und desweiteren ebenfalls mit anmutigen französischen Gesängen ein gelungenes Album zum Abschluss bringt.
Fazit:
Man hört deutlich heraus, dass das Projekt Celluloide erwachsen geworden sind. Sämtliche Tracks wirken äußerst selbstsicher und entfalten sich voll und ganz in ihrem Element. Darüber hinaus präsentiert sich Futur Antérieur sehr verspielt und experimentierfreudig, was bei vergangenen Veröffentlichungen eher weniger der Fall war. Diese waren eher stilistisch konservativ orientiert und lieferten das was Fans meist erwarteten. Mit dem hier vorliegenden Machwerk bedient die Band wieder eine Menge Stilistiken, jedoch auf ganz eigensinnige Art und Weise, die dennoch auf ganzer Ebene zu überzeugen weiß und ein authentisch eindrucksvolles Klangbild liefert. Auch wenn die Anlehnung zu Rue Oberkampf ziemlich passen würde, so ist die Stilistik der Band eher weniger vergleichbar mit dem sympathischen bayerischen Trio. Die französische Formation versteht ihr Machwerk und hält hier etwas erfrischend Neues für alte sowie neue Fans bereit. Reinhören lohnt sich!
Lieblingstrack: La Cité De Aveugles
Bewertung: 9/10
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