Genre: Electro-Industrial
Release: 2020
Der sympathische Erfurter Andreas Schubert ist ein unermüdlicher und talentierter Künstler der komplexen und nachdenklichen Electro-Schiene und konnte im letzten Jahrzehnt die Herzen vieler Fans für sich gewinnen. Nicht zuletzt auf Grund seines Steckenpferds und Hauptprojekt Full Contact 69, bei welchem er zusammen mit Sebastian Schleinitz knallharten und brachialen Electro-Industrial auf Scheibe wie auch Live oftmals zum Besten gab. Daneben entwickelte sich mit Proleturan noch ein nennenswertes Nebenprojekt mit welchem er bereits 2017 mit Empathy Masked ein nennenswertes Debut-Album ablieferte. Dieses Projekt präsentiert sich etwas positiver und weniger hart, weiß jedoch nach wie vor inhaltlich gekonnt mit dystopisch sozial-kritischen Themen umzugehen. Drei Jahre später wurde es also Zeit mit Embryonic Brain Fuck ein weiteres Album das Licht der Welt erblicken zu lassen, welches unter eigener Hand vertrieben und zehn neue Tracks mit einer Gesamtspieldauer von knapp über einer dreiviertel Stunde beinhaltet. Die Cover-Optik wurde ebenfalls erneut ästhetisch technoid in Szene gesetzt und sorgt dafür, dass das Interesse geneigter Hörer weiterhin gesteigert wird. Voller Freude darf man sich also auch von diesem zweiten Album nun überraschen lassen.
Mit dem witzig anmutenden Titel "Little Dicks" und hochtönigen Sequenzen startet das Album sogleich in voller Bandbreite und setzt mit tanzbaren Breakbeats und weiteren verspielten Sequenzen einen drauf. Die Vocals kommen mit leichter Megaphon-Verzerrung vertraut zur Geltung und ergänzen sich sehr gut in den Gesamtmix. Neben einigen schrillen Klangspielereien und einer organischen Dynamik setzt der Track ein klares Zeichen wohin die Richtung wohl gehen wird.
Mit einer zischenden und sich zurückhaltenden Geräuschkulisse legt "Shut Up" weiter nach. Hier finden sich einige Industrial-lastige Elemente sowie Acid-Sequenzen wieder, welche des Weiteren von sehr gut inszenierten Drumbeats überlagert werden. Der Song beinhaltet einen coolen Groove und setzt vor allem auf hochtönige Leads und eine sich im Hintergrund verdeckt haltende Bassline. Die Vocals kommen clean und eher ruhig zur Geltung. Ein wirklich cooler Track mit abwechslungsreichem Arrangement.
"It Feels Like Shit" beginnt mit melodiös nachhallenden Klängen und leichten Bass-Sequenzen. Die Drums legen ebenfalls Breakbeat-lastig in moderatem Tempo nach und alles in allem wirkt der Track etwas dunkler als die vorherigen. Technoide Synth-Spielereien und Vocals im FLA-Stil werden darüber hinaus gut in den Gesamtmix integriert. Der Track ist weniger fetzig, sondern regt mehr zum Nachdenken an und entfaltet sich vor allem im Refrain sehr stark.
Daraufhin folgt mit "Nectar Of Doom" eine Nummer, die erneut eine leichte Anlaufzeit benötigt und mit dicken Bass-Synths sowie Drumbeats etwas schwermütiger zur Geltung kommt. Die Vocals sind hier clean inszeniert und im großen Ganzen erinnert das Dargebotene etwas an moderne Nitzer Ebb-Tracks. Das kommt ebenfalls ziemlich cool rüber und sorgt für ein wohliges Gefühl beim Hörer. Auch die zusätzlichen Drum-Elemente im Refrain sowie die hochtönigen Sequenzen integrieren sich sehr gut hinzu.
Schrille Geräusch und zögerliche Drum-Elemente erwarten den Hörer zunächst bei "Salvation", welcher auf diese Art etwas experimenteller zur Geltung kommt. Neben einigen Wobble-Effekten zu Beginn entpuppt sich diese Nummer mit der Zeit als ein schriller Industrial-Song, welcher etwas brachialer und destruktiver inszeniert wurde. Dieser weist jedoch ein recht beeindruckendes Arrangement auf. Dezente Klänge werden gut miteinander kombiniert und sorgen dafür, dass man das Ganze von Anfang bis Ende mit Spannung weiter verfolgt.
"Bitter World" spannt den Hörer zunächst durch mysteriöse Klänge und Sci-Fi-lastige Sequenz-Einlagen auf die Folter. Nach einiger Zeit performed der Künstler hier jedoch eine recht imposante Nummer mit einer leichten Dark Electro-Anlehnung, die durch straighte Drumbeats und an Fix8:Sed8 erinnernde Synth-Elemente erinnert. Das verspielte Arrangement sowie die gut einsetzenden Vocals sorgen dafür, dass diese Nummer ebenfalls ordentlich Pepp aufweist, auch wenn sich dies streckenweise etwas selbst ausbremst.
Weiter geht es mit "We Still Like It" und einigen fiepsigen Synth-Elementen sowie etwas dumpfer zur Geltung kommende Drumbeats. Bei diesem Track wissen die Sequenzen leider nicht so wirklich zu überzeugen, auch wenn die Vocals und die Bassline wieder stark zur Geltung kommen. Jedoch ist der Track etwas schwächer als der bisherige Rest und fällt dadurch nicht sonderlich auf.
Der darauf folgende "Blindness" beginnt etwas zurückhaltender und orientiert sich an experimentellen Effekten sowie schrillen Lead-Einlagen. Die Nummer braucht einiges um an Fahrt zu gewinnen, sorgt jedoch abermals durch dicke Drumbeats und eine Planierraupen-artige Bassline für einen treibenden Electro-Industrial-Song. Der Gesamtmix ist gut und bringt ein sich aufbäumendes Arrangement Stück für Stück gekonnt zur Geltung. Allerdings wird der Refrain hier etwas stockend und disharmonisch in Szene gesetzt.
Mit Tribal-lastigen Percussions und melodiösen Bell-Klängen legt "The Night Is Forever" nach. Zusätzlich kommen hier überraschend einige Pad-Einlagen zur Geltung sowie sehr klare und deutliche Gesänge, welche erfrischend anders wirken. Die Nummer zeigt eine ganz andere Seite des Projekts und weiß durch diesen leichten Wave-Touch positiv zu überzeugen.
Den Abschluß macht dann noch der zum Album passende Titel "We Are Brainfucked" mit lang gezogenen Klangflächen und einem weitläufigen Anlauf. Hochtönig verspielte Sequenzen wirken abermals vertraut und die Rhythmik ergänzt sich stückweise ins Klangbild hinein. Mit toll einsetzenden Drum- und Synth-Elemente legt die Nummer jedoch ordentlich nach und sorgt dafür, dass ein sehr gutes Album ein grandioses Ende findet!
Fazit:
Dass Andreas Schubert immer für eine Überraschung zu haben ist, beweist er mit seinem zweiten Proleturan-Album allemal. Embryonic Brain Fuck legt nochmal eine Schippe zum bereits gelungenen Vorgänger drauf und liefert ein abwechslungsreich inszeniertes Gesamtkunstwerk, welches sich nicht so leicht in eine Schublade stecken lässt. Dabei präsentiert sich der Künstler äußerst experimentierfreudig und spielt mit diversen Tonalitätslagen. Zugegebenermaßen schwächelt das Album im Mittelteil etwas und bremst sich auf Grund einiger Ausreißer selbst ab, darüber hinaus verwendet der Künstler gerne ein ähnlich klingendes Modell für sein Arrangement über alle Tracks. Allerdings sind das nur Kleinigkeiten, denn die Produktion ist wirklich spitze und vor allem die grandios inszenierten Drumbeats sowie einsetzenden Vocals wissen allemal zu überzeugen. Somit ein wirklich gelungenes neues Album eines klasse Projekts!
Lieblingstrack: It Feels Like Shit
Bewertung: 9/10
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