04.05.2020

Van Bloomen ‎– Geist




Genre: Synth Wave, Dark Techno, Minimal Electro
Release: 2020

Wann ist ein Newcomer, ein Newcomer? Wenn er sein erstes Projekt startet, er seine erste CD veröffentlicht oder alte Veröffentlichungen neu aufleben lässt?! Das ist durchaus eine schwierige Frage. Bei dem hier vorliegenden Künstler Namens Van Bloomen handelt es sich jedoch um alles andere, als um einen Newcomer. Der talentierte Electro-Künstler durfte sich bereits in der Vergangenheit als Teil der erfolgreichen Electro-Punkband 100Blumen einen Namen machen und hatte wohl just die Vision ein eigenes Solo-Projekt in Gang zu setzen, welches auf Frühwerke der 1980er setzt und einen breit gefächerten Musikstil alter Tage wieder aufleben lässt. Der Künstler möchte dabei einen komplexen, intelligenten und tanzbaren Crossover zum Besten geben und veröffentlichte kürzlich beim renommierten Label Pro Noize sein Debut-Album mit dem einfachen Titel Geist. Dieses beinhaltet eine satte Fülle an dreizehn Tracks und knapp einer Stunde Spielzeit. Eine Menge Gründe das Album somit mal genauer unter die Lupe zu nehmen!

Mit düsteren Klangflächen und minimalistischen Drums startet der erste Track "Strasse", welcher nach kurzer Zeit einige sich aufbäumende Lead-Synths zum Besten gibt und stückweise voluminöser wird. Die Beats legen ein gemächliches Tempo an den Tag, während zur Mitte hin variationsreich mit Percussion-Elementen und improvisatorischen Synth-Einlagen gespielt wird. Das Ganze liefert einen gelungenen Flow und geht durchgängig gut ins Ohr.
Daraufhin fängt mit dem aussagekräftigen Titel "1980" ein weiterer Minimal Electro-Track mit unterschwelliger Bassline und snappy Snare an. Dieser lässt einige Bitcrush- und Distortion-behaftete Sequenzen aus dem Hintergrund nach vorne preschen. Das Ganze klingt streckenweise relativ schrill und rau, jedoch überaus eigensinnig und komplex verspielt. Ein wenig geht hier schon der Punk ab, wenn auch auf eher unterschwellige weise.
"Getaki" macht mit Synth Wave-lastigen und monotonen Sequenzen weiter und spannt den Hörer über längere Zeit dabei auf die Folter. Nach etwa einer Minute sorgen gut abgemischte straighte Beats für einen tanzbaren Gesamteindruck, während hier und da noch einige Leads in den Song hinein zischen. Angenehme Wave-Pads runden ebenfalls das Klangbild ab und so überrascht der Track durch variationsreiche Veränderung und Hervorhebung unterschiedlicher Klangfacetten. Wenn man sich darauf einlässt, erweist sich das Ganze als eingängig und abwechslungsreich.
Daraufhin folgt mit Bass-lastigen Synth-Klängen und weit ausgedehnten Pads "Interludium 1", welches eine Art atmosphärisch spacigen Filler darstellt und einige schöne Synth-Facetten für den geneigten Klangfetischisten bereithält.  
Der gleichnamige Albumtitel liefert sogleich fette Beats und verquere Effekte, die in einer klanglich dunklen Ummantelung zum Besten gegeben werden. In Kombination mit den hochtönigen Leads macht der Track einem Oldschool Cold Wave-Song, jedoch mit fehlenden Vocals nach wie vor alle Ehre. Die Nummer ist cool, tanzbar und eingängig und weiß auf allen Ebenen zu gefallen.
Mit straighten Beats und hochtönigen Leads setzt auch "Puce" weiter nach. Hier kommen wieder vermehrt Minimal Electro-Eindrücke zum Tragen, diese werden durch verquere und monotone Sequenzen und Retrogame-artige Akkorde zum Besten gegeben. Das Ganze klingt recht verwunschen und könnte auch unter die Kategorie Dungeon Synth fallen. Die Experimentierkiste wird hier weit aufgerissen und weiß zu überraschen. Nicht uncool das Ganze.
Mit "Kalt" folgt daraufhin abermals ein Synth Wave-lastiger Track, welcher ebenfalls auf sprunghafte Sequenzen, straighte Beats und verspielte Effekte setzt. Das Ganze braucht auf die Art auch etwas Anlaufzeit und versucht durch zusätzliche Drumbeats und Pitch-Effekte Abwechslung an den Tag zu legen, fällt jedoch immer tiefer in monotonere Strukturen hinein. Das aufbäumende Arrangement sorgt dabei allerdings für eine wohlige Atmosphäre.
"Interludium 2" macht etwas düsterer und ambienter als das Nummer 1 weiter und sorgt durch weitläufige Synth-Flächen für ein meditatives Klangbild. Einem Horror Soundtrack ähnlich werden hierbei noch creepy Synths und Noise-lastige Effekte verwendet.
Oldschool-lastig klingt daraufhin "Tigre" und fetzt durch dicke Beats in gemächlichem Tempo und schnallende Effekte. Diese werden überlagert von hochtönigen Leads sowie subtilen Bass-Sequenzen, während eine Sawtooth-lastige Hauptsequenz den Ton angibt. Ein äußerst cooles und abwechslungsreiches Klanggemisch zwischen Synth Wave und EBM.
Der darauffolgende "Choros II" spielt zunächst mit einigen spacigen Effekten, liefert nach kurzer Zeit jedoch eine fette und tanzbare Synth Wave/EBM-Nummer mit dicker Bassline, straighten Beats und düsteren Pads. Auch die zischenden Bitcrush-Effekte kommen nicht schlecht und so liefert dieser Track eine eingängige und tanzbare Nummer mit der man nicht gerechnet hat. Coole Sache!
"Keine Angst" sorgt durch starke Reverb- und Delay-Anteile in Anbetracht der hier und da erklingenden Synths zunächst für einen Track bei dem man als geneigter Hörer nicht genau weiß was auf Einen zukommt. Auch die dick auftragenden Clubbeats und düsteren Bass-Synths sorgen noch für etwas Spannung weiterhin. Zur Mitte hin bekommt das Ganze etwas mehr Struktur und fährt einen klassischen Minimal Electro-Track, der jedoch wenig Besonderheiten inne trägt.
Des Weiteren sorgt "Tunnel" als längster Track auf diesem Album mit seinen umschweifenden Effekten für einen interessanten Gesamteindruck in welchem nochmal sämtliche Facetten des Künstlers zum Besten gegeben werden. Unterschiedliche Wave-Pads, Sequenzen und Stilistiken werden hier zu einem Gesamtmix kombiniert, der es in sich hat.
Den Abschluß macht noch "Interludium 3" mit einem abermals sphärischen und klanglich weit ausgedehnten Track, der ebenfalls nicht an Effekten spart.

Fazit:
Das hier vorliegende Album stellt einen wahren Geheimtipp für jeden Synth-Fetischisten und jeden, der was auf anspruchsvolle und dennoch tanzbare Klanggestaltung gibt. Van Bloomen weiß mit seinem Erstlingswerk ein wirklich breit gefächertes und facettenreiches Konzeptalbum zu liefern, welches sich in keine Schublade stecken lässt und so gut wie jede denkbare Underground Electro-Stilrichtung beinhaltet. Jeder Track auf Geist hat seine ganz eigenen Besonderheiten und seinen ganz eigenen unverkennbaren Flair, was das Album als Ganzes auch besonders ausmacht. Trotz fehlender Vocals wirken die Songs auf diesem Album in keinster Weise langweilig und wissen immer wieder zu überraschen und zu überzeugen. Ein Album sowohl für die Tanzfläche, für eine lange Autofahrt als auch zum Zurücklehnen auf der Couch. Kritik könnte man darin üben, dass sich einige Strukturen doch zu sehr ähneln und das Klangbild etwas variationsreicher ausfallen hätte können. Ebenso wirkt der Mix hier und da, auch wenn gewollt, etwas zu grob und die Monotonie mancher Stücke auf Dauer anstrengend. Alles in Allem ist es aber wirklich ein fettes Ding und kann gerne immer wieder gehört werden.

Lieblingstrack: Tigre

Bewertung: 8(,5)/10

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