Genre: EBM, Electro, Synth Pop, Dubstep
Release: 2020
Spätestens seit Spark! hat schwedischer EBM ziemlich stark an Beliebtheit gewonnen. Nachwuchs sucht man heutzutage jedoch leider vergeblich, denn auch der schwedische EBM, der ab Mitte der 2000er seine Blütezeit erlebte, gehört mittlerweile zu einer vom Aussterben bedrohten Musikrichtung. Doch ehe man sich versieht, kommt mit einem Projekt Namens Tukt ein schwedischer Newcomer angereist und veröffentlichte prompt ein dicht bepacktes gleichnamiges Debut-Album. Tukt heißt übersetzt so viel wie Disziplin und Mastermind hinter diesem noch recht geheimnisvollen Projekt ist Roy Fröderos, welcher sich hier und da in Szenekreise bereits hat blicken lassen. Das Album erscheint bei einem hauseigenen Label Namens MEINE auf CD sowie digital und beinhaltet dreizehn Tracks mit einer Gesamtspieldauer von knapp über einer dreiviertel Stunde. Über Nachwuchs im Underground kann man sich immer freuen, somit wird es Zeit dieses Album mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Es geht los mit "Off End" und einigen hochtönigen Lead-Synths, sowie sich zurückhaltende Hats. Eine ziemlich verschrobene Bassline versucht nach kurzer Zeit Fahrt aufzunehmen und Dubstep-artige Breakbeats ergänzen sich äußerst modern in den Gesamtmix. Der Gesang kommt klar und Synth Pop-lastig zum Tragen. Nach einiger Zeit fängt der Track an, an Fahrt zu gewinnen und ebnet gar einige rockige Strukturen. Hat in dieser Form nur noch sporadisch mit EBM zu tun, bleibt dabei jedoch eigensinnig und könnte sogar auf Grund seiner modernen Inszenierung einige Metalcore-Fans ansprechen.
"ReEvolution" beginnt mit einem klassischen EBM-Arrangement in Form einer straighten, jedoch etwas abgehackten Bassline. Die Vocals treten zunächst etwas gepresst in Erscheinung, was streckenweise störend wirkt. Im Refrain bäumt sich jedoch der zähe Track deutlich besser auf. Die Kombination unterschiedlicher Strukturen und Stilbrüche ist sehr abwechslungsreich gestaltet und ebenfalls recht eigensinnig und modern inszeniert. Ein wirklich interessanter Song, wenn auch gewöhnungsbedürftig
Weiter geht es mit "Affliction", welcher sich düster und mysteriös an den Hörer heranschleicht. Dieser entpuppt sich als astreine EBM-Nummer mit explosiven Bass-Sequenzen, verspielten Drumloops und halb geshoutet, halb gesungenen Vocals. Diese tragen hier und da auch etwas zu dick auf und wirken in sich geschlossen etwas unrein, bezogen auf die Tonalität. Das Arrangement ist jedoch äußerst gelungen und im großen und ganzen verfolgt man diese variationsreiche und deutlich aggressivere Nummer sehr gerne.
Der darauf folgende "Verus Amor" spielt mit Chiptune und Dubstep-artigen Strukturen und einigen wirklich sehr eigensinnigen poppigen Breakbeats. Aber auch die hier zu Grunde liegende Experimentierfreude wirkt sich äußerst imposant aufs Gehör aus und der Gesamtmix kommt ebenfalls stark. Ein netter und nicht einzuordbarer Filler-Track für Zwischendurch.
"Ribcage" hält sich zunächst durch einige Pad- und Lead-Synth-Ansätze zurück. Dies kommt etwas bedrohlich zur Geltung, die Vocals drücken stark und tragen relativ dick auf. Interessant ist wie hier vor Allem mit der Stimmvariation gespielt wird. Teilweise wirkt das Gejaule etwas störend, erinnert jedoch an gewisse Hiphop-Ansätze. Der Track strahlt etwas von Horrorcore aus, wirkt kreativ, ist jedoch nichts für schwache Nerven. Wulfband lässt grüßen.
Daraufhin folgt mit "No Sense Of Decency" wieder eine eher verschrobene und experimentierfreudige Nummer, bei der jedoch die Bass- und Drumbeats ziemlich fett sitzen. Angenehm ist, dass die Vocals dabei eher klar und dunkel gesprochen zum Einsatz kommen. Die Nummer liefert so auf rockige Weise einen gut gemischten Track zwischen Synth Pop und EBM und erinnert in seinem Arrangement stark an Spark!. Guter Song!
"The Fuck I Give" macht wiederum weiter mit stark Dubstep-lastigen Ansätzen. Hier geben äußerst moderne und verspielte Klänge den Ton an. Die Drums kommen jedoch stark und bleiben relativ straight. Der Refrain liefert einen klassischen Electropunk und sorgt so dafür, dass der Track eine kunterbunte Mixtur verschiedener elektronischer Einflüße zum Besten gibt. Recht eindrucksvoll!
Als nächstes folgt mit "Chaos Coming On" ein Song, der mit relativ maschinelleren und vertraueteren Klängen voran schreitet. Die EBM-lastige Bassline sowie die dunklen Sequenzen im Hintergrund kommen stark zur Geltung. Die Vocal Shouts wirken hier und da zwar recht verschroben, ergänzen sich jedoch gut in den Gesamtmix. Der Track ist äußerst gelungen und erfreut das Gemüt auf seine vertraute Art und Weise, vor Allem der Refrain sitzt dick.
"Sodom" ist daraufhin ein Song, der sich zunächst stark zurückhält und den Hörer mit experimentellen Geräuschen über einige Zeit auf die Folter spannt. Danach kommen jedoch ziemlich straighte EBM-Strukutren zum Tragen, die eine überzeugende Bassline, coole Shouts und straighte Drums gut abgemischt zur Geltung bringen. Eine sehr coole Nummer, welche ebenfalls vertraut erscheint und von Anfang bis Ende zu überzeugen weiß. Stark!
Als nächstes folgt mit "My Pride" ein Breakbeat-lastigerer Track, der ein eigensinniges Arrangement mit anstrengenden Gesangseinlagen liefert. Dies ist in seiner dargebotenen Form recht gewöhnungsbedürftig und liefert einige schrille und helle Klänge. So gesehen einer der schwächeren Tracks auf diesem doch recht soliden Album.
Der darauf folgende "Spaziba" sorgt mit einer sich leicht zurückhaltenden Bass-Sequenzen, sowie ebenfalls seichten Gesängen und Hats für ein Warm-up, bevor es explosionsartig dicker und aggressiver wird. Der Track erinnert auf diese Art an frühe Spark! Tracks und weiß in seinem Gesamtmix zu überzeugen. Hier kommt eine dicke Spannweite des schwedischen EBM Einem entgegen.
"Division Down" spielt zunächst mit einigen dezenten Drum-Elementen sowie einer sich im Hintergrund haltenden Bassline. Daraus ergibt sich nach einiger Zeit eine ordentliche EBM-Nummer mit dicker Bassline sowie straighten Beats. Die Vocals kommen verschroben, sitzen jedoch ganz gut. Eine ziemlich verspielte Nummer, die stark in die Wulfband-Richtung geht. Die Tonalität ist jedoch recht angenehm und der Track hört sich gut an.
Den Abschluß dieses doch recht eigensinnigen Gesamtwerks macht "No Function" mit Ritual-lastigen Percussion-Elementen, Breakbeats, einigen Samples und verspielten Lead-Elementen. Die Nummer ist etwas ruhiger und lehnt entsprechend auch die Gesangseinlagen darauf an.
Fazit:
Das hier vorliegende gleichnamige Debut-Album von TUKT liefert wirklich etwas, was man in der Form nicht erwartet hätte. Der Stil orientiert sich über weite Strecken an den schwedischen EBM/Synth Pop, ist jedoch extrem modern inszeniert und erinnert vom Aufbau mehr an Rock/Metalcore, da vor allem zusätzliche Dubstep/Breakbeat-Elemente dick auftragen. Die Vocals sind über weite Strecken jedoch gewöhnungsbedürftig und pressen etwas stark. Weniger ist manchmal mehr. Die Tracks sind an sich doch ziemlich überladen, jedoch ist die Umsetzung sehr kreativ und eigensinnig gewählt. Das Album hat durchaus seine Höhen, ebenso jedoch auch einige Tiefen. Man muss sich definitiv genauer damit auseinandersetzen um es zu begreifen und für schmalspurige Geschmäcker ist es definitiv nichts. Nichts desto trotz darf man ein oder auch zwei Ohren riskieren und sich selbst davon überzeugen lassen.
Lieblingstrack: Sodom
Bewertung: 7(,5)/10
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