01.07.2020

My Love Kills ‎– Imitatio Dei

Genre: Dark Electro, Dark Wave, Oldschool EBM
Release: 2020

Das Projekt My Love Kills kann mittlerweile und bereits nach kürzester Zeit, als neuer Stern am Himmel des dunkelelektronischen Undergrounds betrachtet werden. Bereits im letzten Jahr erschien das Debut-Album Glitch und lieferte ein beeindruckendes Gesamtwerk zwischen Oldschool EBM & Dark Electro, was durchaus einen sehr gesunden Genre-Mix darstellt. Die Protagonisten setzen sich zusammen aus dem Schweden Fredrik Sigeback und dem Franzosen mit dem düsteren Künstlernamen Viconte Vampyr Arkhames, welcher unter Anderem auch für die Vocal-Einlagen zuständig ist. Nach genauerer Recherche lässt sich relativ schnell herausfinden, dass letzterer bereits seit den 1990ern Teil der französischen Black/Death Metal Bands Seth & Ad Infernum war und ist, was einen zusätzlich interessanten Beigeschmack bzgl. der Beteiligung in einem Electro-Projekt darstellt. Kaum vorstellbar, aber My Love Kills haben es innerhalb nicht mal einen Jahres geschafft ein dicht bepacktes zweites Album mit dem TItel Imitatio Dei in die Welt zu setzen. Das Album ist sogar so groß, dass mit 19 Tracks die Produktion einer 2CD-Variante notwendig war. Diese erschien kürzlich erneut beim russischen Label ScentAir Records und kann sowohl digital als auch physikalisch erworben werden. Die Spannung und Freude ist de facto ziemlich groß sich das Ganze mal genauer zu Gemüte zu führen.

Das Album startet mit "Silent Scream" und äußerst düsteren, atmosphärischen Effekten sowie einigen Sprach-Samples. Nach kurzer Zeit setzen cool inszenierte Breakbeats sowie Glitch-Effekte weiter an. Zusätzlich erscheinen hier und da unterschiedliche Bass-Synths und Percussion-Elemente, die von wundervoll inszenierten Vocals begleitet werden. Das erinnert in seiner Inszenierung stark an Fix8:Sed8 und überzeugt von Anfang bis Ende. Starker Auftakt!
Auch "Rebirth" beginnt zunächst stark Effekt- und Sample-lastig. Dieser setzt musikalisch auf eine groovige Lead-Sequenz sowie ebenso groovige Beats, welche einen starken Flow mit sich bringen. Die Vocals kommen dabei etwas rauer und verzerrter zum Tragen, setzen jedoch auch hier mit starken Effekten an und schaffen es eine eindringliche Atmosphäre zum Besten zu geben. Ebenso wirkt der Sprachwechsel äußerst charmant.
"Unterwelt" bringt starke Percussions und wunderschön inszenierte Leads zur Geltung. Auch die abwechslungsreichen Drumloops, die sich überlagernden Glitch-Effekte und der leicht Distortion-behaftete Gesang kommen stark rüber. Die Nummer ist überaus komplex und schafft es eine sehr schön abgemischte und gelungene Atmosphäre zum Besten zu geben, welche stark an Dead When I Found Her erinnert.
Mit "Kingdom Of Lost Souls" setzen Synth-Klänge im Fix8:Sed8-Stil weiter an, während dezente Breakbeats den Track nach vorne treiben. Die Nummer wirkt etwas gemächlicher und konzentriert sich auf raue Vocal-Einlagen, die jedoch klar verständlich sind, sowie einige weitflächige Sample-Spielereien. Auch dieser Track ist wahnsinnig abwechslungsreich, sehr gut abgemischt und wunderschön inszeniert.
Der Trend mit düsteren Effekten sowie einigen Vocal-Samples zu Beginn wird auch bei "The New Babylon" fortgesetzt. Allerdings ist die darauf aufbauende Synth-Sequenz wesentlich rapider und die straighten Drums deutlich treibender. Der Track ist extrem tanzbar und macht auf seine durchaus härtere Weise, was auch durch die kräftigen Vocals verstärkt wird, alles richtig. Das Ganze ist hochprofessionell produziert und geht durchgängig unter die Haut!
"La Voisin" setzt zunächst auf Synth Pads und eine darauf aufbauende dicke Bassline. Die Beats kommen entsprechend groovig und ebenfalls Bass-lastig zum Tragen, während Orgel-artige Klänge und weitere Effekte im Hintergrund verhallen. Die französisch geshouteten Vocals ergänzen sich ganz gut in den Gesamt-Mix und durch weitere Sequenzen wird auch hier viel Abwechslung geboten. Eine ebenfalls sehr schöne Nummer.
Mit einigen unterhaltsamen Sequenzen setzt zunächst "Reasons" weiter zu einem sehr klassischen Arrangement an. Der Song präsentiert sich relativ clubbig durch eine schnelle Bassline und treibende Drumbeats, während die Vocals hier etwas seichter in den Hintergrund geraten. Die Gesangseinlagen sind darüber hinaus auch etwas cleaner, was dem Ganzen jedoch in der dargebotenen Form gut steht. Auch die hochtönigeren Synth-Sequenzen im Refrain wissen zu gefallen.
Der Spaß wird fortgesetzt mit dem etwas experimentelleren "Black Order Rises". Dieser setzt von Beginn an mehr auf Glitch-lastige Effekte sowie verzerrte Synth-Einlagen. Die Drums kommen relativ straight zur Geltung, zusätzlich finden sich auch ein paar dezente Gitarren-Riffs und DIstortion-behaftete Vocals wieder. Obwohl das Ganze deutlich grober und vermehrt nach Electro Rock klingt, ist die Produktion sehr gut, so dass auch dieser Track angenehm wirkt.
Mit dem längsten Song auf diesem Album beginnt "Catatonie" mit vertrauten Dark Electro-Klängen. Das dargebotene Arrangement geht vermehrt in die frühe Skinny Puppy-Richtung und kombiniert Oldschool-lastige Elemente mit einer gemächlichen Rhythmik sowie Effekt-behafteten französisch gesprochenen Vocals. Das grooved sehr schön und weiß sich vor allem im Refrain gekonnt aufzubäumen. Ein wunderschöner Track!
"No Remorse" setzt von Beginn an auf atmosphärische Klänge und liefert mit eingängigen Wave Pads eine treibende Bassline sowie faszinierend eigensinnig inszenierte Drum-Einlagen. Die Vocals kommen passend zur Geltung und bauen sich dynamisch auf. Der Track klingt erfrischend anders und beweist, dass dieses Projekt auch ganz anders kann. Genial umgesetzt!
Mit hochtönigen Sequenzen und dezenten Percussions setzt "Embrace The Curse" einen drauf. Die Bass-Synths und Drum-Beats kommen überzeugend fett zur Geltung, während das Arrangement einen imposant abwechslungsreichen Touch, trotz der gängigen Struktur, aufweist. Die röchelnden Vocals wissen darüber hinaus ebenfalls sehr gut zu überzeugen. Auch dies ist ein, ein ums andere mal mehr als überzeugender Track!
Weiter geht es mit "Burn Fire Burn" und einem äußerst düsteren Unterton, was durch eine schlicht gehaltene Bassline und sich überlagernde Sequenzen verdeutlicht wird. Die Vocals haben etwas Destruktives und kommen sehr stark zur Geltung. Der dargebotene Gesamtmix erinnert an frühe Mentallo & The Fixer Songs und geht durchgehend unter die Haut. Die Mischung aus gemächlichem Track in brachialem Gewand kommt überaus stark rüber.
Doch damit nicht genug, als nächstes setzt "Mad Addiction" auf der zweiten CD mit sehr schönen Bass-Klängen und Drum'n Bass-artigen Strukturen an. Auch durch die inszenierten Vocals wird der Track vermehrt wie einer vom Hause Full Contact 69 und weiß durch den abrupten Wechsel von Electro-Industrial zu Dark Wave im Refrain zu überraschen. Wirklich klasse!
"Deception" macht weiter mit einem imposanten Sequenz-Gemisch, vertraut verzerrten Vocal-Einlagen und clubbigen Drumbeats. Auch dies wirkt überaus überzeugend, ist sehr gut produziert und wirkt auf experimentelle Weise äußerst verspielt. Diese an Mentallo & The Fixer erinnernde Nummer geht vor allem auf Grund des Refrains unter die Haut.
Mit gemächlichen Bass-Synths und etwas moderaterem Tempo macht "Wonderland" weiter und lässt dadurch angenehm Durchschnaufen. Auch die Vocals wirken hierbei wesentlich ruhiger, während zusätzliche Flächen und Sequenzen eine überaus verträumte und atmosphärische Nummer zum Besten geben. Sehr schön!
Der darauf folgende "The Final Girl" macht auf imposante Art und Weise mit einem 80s Club-Beat und New Wave-angelehnten Stilmitteln weiter. Die snappy Snare sowie die verspielten Bass-Synths sorgen durchgehend für dieses Gefühl, während Vocals und Samples nach wie vor vertraut klingen. Auch dieser Track zeigt wieder eine ganz andere Seite des Projekts und beweist wie facettenreich sich die beiden Protagonisten präsentieren können.
"Dead Man Walking" ist darüber hinaus eine eher Effekt-behaftete Nummer, welche mit bedachten Elementen und eigensinnigen Improvisationen einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Sowohl die smoothen Synth-Klänge als auch die ruhigen Vocals sorgen für eine überaus angenehme Atmosphäre. Ziemlich cool!
Der darauf folgende "Delusion" hinterlässt zunächst einen treibenden, wenn auch leicht verqueren, Eindruck, welcher hauptsächlich auf Grund der starken Delay-Anteile auf den Vocals zu begründen ist. Nach einiger Zeit sorgen jedoch weitere instrumentelle Elemente dafür, dass sich diese durchaus komplexe Nummer als eine gekonnte Synth Wave-Inszenierung präsentiert.
Den nun tatsächlich erreichten finalen Abschluß macht mit dem längsten Track auf CD2 noch "Ante-Purgatory". Dieser beginnt zunächst sehr ambient und setzt auf düstere Stilmittel, welche vor allem durch eigensinnig dunkel gesprochene Vocals verstärkt werden. Einige atmosphärische Wave Pads erhöhen dieses Gefühl weiter. Erst nach langer Zeit sorgen leichte Percussions für einen Rhythmus, während sich das Arrangement immer weiter aufbäumt. Ab der Hälfte wird daraus tatsächlich noch ein klassischer Electro-Industrial-Track ohne Gesang. Ein sehr faszinierender Abschluß!

Fazit:
Wer das Projekt mit dem ausdrucksstarken Titel My Love Kills bisher noch nicht kannte, sollte es spätestens mit dem hier dargebotenen zweiten Album besser kennenlernen. Imitatio Dei ist ein wahnsinnig dick gepacktes, abwechslungsreiches, perfekt inszeniertes und hochprofessionell produziertes Album, welches eine Menge Stilmittel des dunkelelektronischen Undergrounds bereit hält. Darüber hinaus kommt, dass die aus Schweden und Frankreich stammenden Protagonisten, trotz der Entfernung, in nicht einmal einem Jahr ein hochgradig eindrucksvolles zweites Album geschaffen haben, welches doppelt so groß wie das Debut ist und dieses auch nochmal in den Schatten stellt. Wenn das nicht genug Argumente sind diesem wunderschönen Dark Electro/Wave/EBM-Album ein genaueres Ohr zu schenken, sollte sich eines Besseren belehren lassen. Freunde von Projekten wie Skinny Puppy, Fix8:Sed8, Dead When I Found Her & Mentallo & The Fixer kommen hier definitiv auf ihre Kosten.

Lieblingstrack: No Remorse

Bewertung: 10/10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen