Genre: Dark Electro, Electro-Industrial
Release: 2020
Nordamerika ist bekanntlich ein heißes Pflaster für komplexere und eigensinnige Klänge. Bei dem hier vorliegenden aus Columbus, Ohio, stammenden Projekt Namens ITHEVIRUS handelt es sich um eine noch unbekannte Zwei-köpfige Newcomer Formation, welche sowohl klanglich als auch optisch auf dem ersten Blick in die Fußstapfen der legendären Skinny Puppy treten wollen. Dahinter verbergen sich zwei mysteriöse Gestalten, welche auf die Künstlernamen aleanation & dR sKoops hören. Mit The Human Filth Process veröffentlichten die beiden Protagonisten kürzlich ein rein digitales Debut-Album unter eigener Hand, welches zehn Tracks sowie eine überschaubere Gesamtspieldauer von knapp über fünfunddreißig Minuten beinhaltet. Als Einflüße werden namhafte Bands wie eben Skinny Puppy, Revolting Cocks, Ministry, Youth Code & Front Line Assembly genannt. Dabei handelt es sich in erster Linie nordamerikanische Bands, welche es in den letzten Jahrzehnten sehr weit gebracht haben. Ob ITHEVIRUS über die nächsten Jahre ein ähnlicher Coup gelingt, muss sich erst noch bewahrheiten. Nichts desto trotz wird es Zeit dieses in verquerer Cover-Optik erschienene Album näher zu beleuchten.
Das Album startet knallhart mit dem Intro-Song "Breathe" und atmosphärisch noisigen Glitch-Geräuschen. Diese werden über die gesamte Minute immer weiter ausgefahren und sorgen für eine beklemmende Stimmung, welche die Spannung anhebt.
Nach einem harten Cut geht es los mit "Break It" und groovigen Lead-Sequenzen, während treibende Breakbeats und Vocals im Skinny Puppy-Stil sich gekonnt in den Gesamtmix einreihen. Zudem kommen noch einige jaulende Pad-Elemente sowie ein abwechslungsreiches Arrangement. Ein ziemlich cooler Einstieg, welcher darüber hinaus gut abgemischt wurde.
Mit einigen experimentell fiepsigen Sequenz-Spielereien sorgt "Stain" für einen schwer zugänglichen Track. Das wird auch durch die ansetzenden und taktlich verschobenen Drums zusätzlich ergänzt. Die Vocals sind abwechslungsreich inszeniert und tun ihr Übriges dazu bei diese verrückte Nummer weiter zu gestalten. Musikalisch ist das nicht wirklich schön anzuhören, jedoch ist die kreative Idee dahinter schon sehr interessant.
"Obedient Delusions" hingegen sorgt von Beginn an für etwas Verschnaufpause und beflügelt durch ambiente Wave-Pads und Sample-Effekte. Bass-lastige Synth-Elemente sorgen darüber hinaus für eine düstere Grundstimmung. Diese werden gekonnt in einen groovigen Beat weitergeleitet, welche durch einige tolle Stimmlagen ergänzt werden. Das Ganze erinnert in seiner dargebotenen Form schon stark an Skinny Puppy, enthält jedoch auch einen ganz eigenen Touch, der ziemlich zu überzeugen weiß!
Als nächstes folgt mit "American Dream" eine etwas aggressivere Nummer, die zunächst durch hochtönige Sequenzen besticht, dicke Drumbeats sowie einen wütenden Ausdruck zum Besten gibt. Das Ganze geht gekonnt ineinander und erfuhr einen gut inszenierten Gesamtmix, welcher vor Allem auch gekonnt durch Gitarren-Chords ergänzt wird.
Kurz und schmerzhaft wird es daraufhin zu Beginn bei "Relapse", denn hier sorgen noisige Geräusche und detunete Synth-Elemente für ein relativ verstörendes Klangbild. Dies passt jedoch sehr gut zum Projekt und dem dargebotenen Inhalt und weiß abermals durch Skinny Puppy-artige Gesangseinlagen sowie einige weitere Synth-Spielereien zu überzeugen. Kreativ und gut.
Mit "Waking Dreams" wird es daraufhin wieder Bass-lastiger. Hier sorgt eine bedrohliche Sequenz für etwas mehr EBM, was durch martialisch verlaufende Drumloops verstärkt wird. Die Synth-Pads füllen den klanglichen Eindruck mit einer Horror-lastigen Atmosphäre und auch die Vocals sind wieder sehr gut und abwechslungsreich inszeniert. Ein ziemlich mysteriöser und abwechslungsreicher Track, dem zwar ein wenig Pepp fehlt, jedoch einen guten Gesamteindruck zurücklässt.
"Terror Vision" beginnt mit Drum'n Bass-artigen Strukturen, setzt an mit dumpfen Bass-Synths und rapiden Hat-Spielereien, während sich die anklingenden Vocals gefühlt etwas zurück halten. Musikalisch ist der Gesamtmix etwas schwer greifbar, denn auf Grund einer Menge experimenteller Effekthascherei geht der eigentliche Ausdruck etwas unter.
Daraufhin folgt mit "Shhh..", wie der Name bereits andeutet, eine eher sehr ruhige und ambiente Nummer. Hier wurden keinerlei Beats verwendet, sondern in erster Linie langatmige Pad-Elemente sowie einige melodiöse Bell-Klänge. Ein Horror-lastiger Filler-Song zum Träumen und Durchschnaufen, kurz vor Ende.
Den Abschluß dieses kreativen Albums liefert daraufhin noch der letzte Track "Terminate", welcher von Beginn an mit furiosen Klängen für eine grausam anmutende Atmosphäre sorgt. Neben quietschigen Synths und dicken Drumbeats kommen noch laute Vocalshouts zum Tragen, bis diese bereits nach kurzer Zeit einen Stilbruch in ein ambienteres Klangbild ertragen. Interessanter, wenn auch unfertig wirkendes Ende eines coolen Albums.
Fazit:
Wer mal wirklich "etwas anderes" hören möchte, sollte sich das Debut-Album von ITHEVIRUS wirklich mal zu Gemüte führen. Auf The Human Filth Process findet sich ein kreatives und abwechslungsreiches Sammelsurium unterschiedlicher Einflüsse und Tracks, die alle für eine gewisse Überraschung gut sind. Kein Song klingt wie der andere und doch haben alle Tracks dieses verquere Skinny Puppy-Gesamtbild gemeinsam. Dennoch wirkt das Ganze nicht aufgesetzt oder plagiativ, sondern absolut authentisch. Der ein oder andere Song ist vielleicht etwas schwer zu ertragen, da das musikalische Verständnis gerne mal auf der Strecke bleibt. Nichts desto trotz ist es ein wirklich gutes Erstlingswerk und stellt einen kleinen Jahres-Geheimtipp dar.
Lieblingstrack: Obedient Delusions
Bewertung: 7(,5)/10
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